■ Tennis: Boris Becker gewinnt den Grand Slam Cup
München (dpa) - Zwei Wochen nach dem verpaßten WM-Titel gewann Boris Becker gestern nach einer nahezu fehlerlosen Vorstellung zum erstenmal den Münchner Grand Slam Cup. Im kürzesten Endspiel der Turniergeschichte schlug er einen chancenlosen und am Ende entnervten Titelverteidiger Goran Ivanisevic in nur 83 Minuten mit 6:3, 6:4, 6:4. „Ende des letzten Jahres nach dem WM-Gewinn in Frankfurt dachte ich, das war das beste Tennis, das ich spielen kann“, meinte Becker, „ich habe mich geirrt. Ich habe dieses Jahr noch besser gespielt.“ Ivanisevic blieb nur ein Achselzucken: „Es war unmöglich, ihn heute zu schlagen.“
10.000 Menschen in der nicht ganz gefüllten Olympiahalle feierten Becker, der Ivanisevic nicht einen Breakpunkt gestattet hatte. Im 16. Vergleich (neuer Stand: 10:6) dominierte spielerische Brillanz über Gewalt. Ivanisevics Asse kamen im 103. Spiel des Jahres nicht mehr wie am Fließband. „Ich wußte, gegen Goran entscheidet der Return. Ich hatte ein gutes Timing beim Return, das war entscheidend für den Sieg“, sagte Becker, der auch die As-Wertung mit 19:12 für sich entschied.
Dem matten Kroaten blieb nur das Staunen: Becker war konstanter, spielerisch hoch überlegen, am Netz eine Wand und letztlich auch frischer. „Ich bin auf Reserve“, hatte Ivanisevic bereits nach seiner Energieleistung im Halbfinale gegen Jewgeni Kafelnikow gesagt, als er einen 0:2-Satzrückstand beim 6:7 (6:8), 2:6, 6:3, 6:2, 6:4 noch wettgemacht hatte. Becker dagegen hatte beim 7:6 (7:2), 6:3, 6:1 gegen den Briten Tim Henman kaum Energie verbraucht.
Boris Becker konnte allerdings mit seinem Sieg nicht die Absagen und die Lustlosigkeit einiger Topspieler vergessen machen. Axel Meyer-Wölden, Berater und Chairman des Grand Slam Cup, mag so etwas aber gar nicht hören. „Dieses Turnier ist eines der erfolgreichsten der Welt“, behauptet er. Journalisten, die anderes schrieben, zitierte er zu sich. Daß Spieler wie Andre Agassi (USA) und Wimbledonsieger Richard Krajicek (Niederlage) offensichtlich unmotiviert und unvorbereitet angetreten seien, könne man nicht als ein typisches Phänomen des Grand Slam Cups betrachten: „Ein schwarzes Schaf ist nicht symptomatisch für 15 andere“, sagte Meyer-Wölden. Im kommenden Jahr hat er das Turnier allerdings auf die letzte September-Woche vorverlegt. Da sind die Spieler noch nicht ganz so erledigt.
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