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■ Telefoninterview mit BihaćÜber 1.000 Granaten

Hamdija Kabiljagić ist Vorsitzender des Rates des Kreises der westbosnischen UN-Schutzzone Bihać. Das Gespräch wurde vom Büro des Bundestagsabgeordneten Christian Schwarz- Schilling in Bonn organisiert.

taz: Wie ist heute die Lage bei ihnen in Bihać?

Kabiljagić: Der Agressor greift an allen Frontlinien an, gestern wurden über 1.000 Granaten auf uns abgeschossen. Das Zentrum unserer Stadt wird genauso angegriffen wie die Vororte und die Dörfer an der kroatischen Grenze. Heute morgen wurde die Sporthalle von einer Granate getroffen, dort leben Flüchtlinge aus den östlichen Teilen von Bihać. Die Streitkräfte der Aggressoren benutzen Dumdumgeschosse, die UN-Schutztruppen haben gestern selbst miterlebt, wie ein Zivilist getroffen wurde. Heute haben die Aggressoren ihren Druck auf die linke Seite des Una-Flusses verstärkt, an der Offensive sind das 49. Banja- Korps aus Lika in der Krajina in Kroatien und das Kordun- Korps der bosnischen Serben beteiligt.

Wie verhalten sich die UN- Soldaten aus Bagladesch?

Ich habe mit dem Kommandanten der Bangladeschis, Herrn Saalem, gesprochen, er ist frustriert und fühlt sich erniedrigt; sie haben kein Essen, keine Medizin und keine Waffen, sind davon abhängig, daß unsere Truppen sie verteidigen. Kommandant Saalem hat gestern ein Ultimatum an die UN- Hauptquartiere in Sarajevo und in Zagreb geschickt, in dem er angekündigt hat, daß er seine Truppe innerhalb von sieben Tagen zurückziehen wird, wenn bis dahin keine Hilfe angekommen ist. Herr Saalem kann leider nicht an dieser Telefonkonferenz teilnehmen, da dies nach UN-Richtlinien verboten ist. Sechs seiner Soldaten wurden verwundet, er kann sie aufgrund fehlender Medikamente nicht behandeln. Einer der Verletzten ist bereits gestorben.

Wie beurteilen Sie die Forderung von UN-Generalsekretär Butros Ghali nach der Demilitarisierung der Schutzzonen?

Ich würde Herrn Ghali gerne fragen, ob er meint, daß ein souveräner, von seiner Organisation anerkannter Staat tatsächlich aufgefordert werden darf, die Waffen abzugeben, mit denen er seine Souveränität gegen aufständische Truppen verteidigt. Interview: Rüdiger Rossig

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