Teilweise verfassungswidrig: Sonntags muss auch Berlin ruh'n
Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Ladenöffnungszeiten im liberalen Bundesland Berlin gegen den Sonntagsschutz im Grundgesetz verstößt.
KARLSRUHE dpa/ddp | Die großzügige Regelung zur Ladenöffnung an Sonntagen im Land Berlin ist teilweise verfassungswidrig. Die Kirchen würden dadurch in ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt. Die Berliner Regelung bleibe allerdings bis 31. Dezember 2009 "noch anwendbar". Das Gericht begründete dies mit den Rechten und Interessen der Ladeninhaber.
Der Erste Senat betonte, dass Sonn- und Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" verfassungsrechtlich geschützt seien. Für Ausnahmeregelungen zur Ladenöffnung an diesen Tagen müsse es einen ausreichend gewichtigen Grund geben.
Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Ladeninhaber und ein alltägliches Shoppinginteresse potenzieller Kunden genügten grundsätzlich nicht. Eine "weitgehende Gleichstellung" der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit dürfe es nicht geben.
Die Berliner Regelung bleibe allerdings noch bis 31. Dezember 2009 in Kraft, so dass die Ladenöffnung an den Adventssonntagen in diesem Jahr in Berlin noch möglich ist.
Die Verfassungsbeschwerden der evangelischen und katholischen Kirche gegen das Berliner Gesetz hatten damit teilweise Erfolg. Die übrigen Regelungen im Berliner Ladenöffnungsgesetz beanstandete das Verfassungsgericht nicht.
Das in Berlin seit November 2006 geltende, bundesweit liberalste Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten sieht vor, dass die Geschäfte in der Bundeshauptstadt an zehn Sonn- oder Feiertagen im Jahr öffnen dürfen, darunter an allen vier Adventssonntagen in der Zeit von 13.00 bis 20.00 Uhr.
Nach dem sogenannten Weimarer Kirchenartikel 139, der aus der Reichsverfassung von 1919 ins Grundgesetz übernommen worden war, sind Sonntage grundsätzlich Tage der Arbeitsruhe und der "seelischen Erhebung".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung