■ Ted Turners UNO-Spende ist kein Ersatz für Pflichtbeiträge: Noble Geste, ungelöstes Problem
Die Globalisierung der Wirtschaft und der Finanzmärkte hat bislang in Nord und Süd nur die Reichen noch reicher gemacht und zugleich die weitere Verarmung der unteren Einkommensschichten nicht aufhalten können. Das ist die Kernaussage des diese Woche veröffentlichten Jahresberichts der UNO-Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad).
Zur Illustration dessen bestens geeignet sind Geldbesitz und Einkommen von Ted Turner und Bill Gates, derzeit die Nummer 26 und Nummer 1 unter den reichsten Menschen dieser Erde. Mit 2,2 Milliarden US-Dollar war das Privatvermögen des CNN- Gründers im Januar so groß wie der diesjährige Haushalt der UNO und ist seitdem durch Gewinne auf den Aktienmärkten noch um eine weitere Milliarde gestiegen. Bill Gates könnte den UNO-Haushalt allein mit den Zinsen seines inzwischen angehäuften Geldbesitzes finanzieren. Daß Turner seinen Vermögenszuwachs jetzt der UNO zur Finanzierung (überlebens-)wichtiger öffentlicher Aufgaben im humanitären, Umwelt-, Gesundheits- und Friedensbereich zur Verfügung stellt, ist natürlich zu begrüßen.
Und es ist zu hoffen, daß Turners Vorbild bis hin zu Bill Gates viele Nachahmer findet. Dennoch ist all dies kein Ersatz für völkerrechtlich verbindliche Pflichtbeiträge der USA oder anderer Staaten an die UNO. Die Durchführung öffentlicher Aufgaben – sei es im multilateralen oder nationalstaatlichen Rahmen – erfordert Vorausplanung und eine verläßliche Finanzierungsbasis. Sie kann nicht abhängig werden von der spontanen, unkalkulierbaren Bereitschaft vermögender Einzelpersonen, einen Teil ihres Reichtums umzuverteilen. Ebensowenig wie die Räumung von Antipersonenminen vom Verkaufserfolg der CD mit Elton Johns Hymne auf Diana.
Die noble Geste des US-Bürgers Turner sollte die Tatsache nicht vernebeln, daß Regierung und Parlament seines Landes die UNO weiterhin massiv erpressen. Denn die USA enthalten der UNO 1,5 Milliarden Dollar vor, von denen Washington nur knapp zwei Drittel überhaupt als Schulden anerkennt und auch diese nur unter zahlreichen politischen Bedingungen vielleicht bis zum Jahr 2000 zahlen will. Bedingungen, durch deren Erfüllung die UNO ihre politische und organisatorische Handlungsfähigkeit just für diejenigen dringenden globalen Aufgaben aufgeben würde, für die Turner ihr jetzt eine Milliarde Dollar versprochen hat. Andreas Zumach
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