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Taxibranche in der KriseMit Autokorsos gegen die Konkurrenz

Die Branche will Mindestpreise und strengere Kontrollen für Plattformunternehmen. Ein Verkehrsforscher hält das für wenig sinnvoll.

Taxifahrer demonstrieren am 2. Juli 2025 bei einem Autokorso für fairen Wettbewerb im Taxi-Gewerbe auf der Straße des 17. Juni Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Zahlreiche pastellgelbe Autokorsos zogen am Mittwoch durch insgesamt 13 deutsche Großstädte. Die Taxibranche rief zum „Nationalen Aktionstag“ auf, mit dem sie eine härtere Reglementierung ihrer Konkurrenz von Uber, Bolt und anderen Mietwagenanbietern fordert.

Laut dem Redakteur des Branchenmagazins Taxi Times und Berliner Taxifahrer Axel Rühle leidet das Gewerbe in vielen Städten massiv unter dem Aufstieg der Plattformunternehmen. „Man steht mit dem Taxi viel mehr rum, während die Uber-Autos an einem vorbeifahren“, beschwert er sich. Schuld seien vor allem die deutlich günstigeren Preise von Uber, Bolt und Co, sagt Rühle.

Im Gegensatz zu Taxis haben die Plattform­unternehmen keinen festgelegten Mindestfahrpreis. Stattdessen wird das Entgelt je nach aktueller Nachfrage berechnet. So ist ein Uber abseits der Stoßzeiten deutlich günstiger. Eine behördlich festgelegte Preisuntergrenze wie für das Taxigewerbe gilt für die Plattform­unternehmen nicht.

Die Taxibranche argumentiert, das dynamische Preissystem führe zu einem Kostendruck, der mit den arbeitsrechtlichen Standards in Deutschland nicht vereinbar sei. „Das funktioniert nur mit Steuerhinterziehung, Sozialversicherungsbetrug und Ausbeutung“, sagt Rühle.

Systematischer Betrug

Tatsächlich kommt es immer wieder zu systematischen Betrugsfällen, indem die Subunternehmen, die auf den Plattformen Fahrten anbieten, Mindestlöhne unterwandern und Fahrten ohne Konzessionen anbieten. Bei einer Bestandsüberprüfung in Berlin im vergangenen Jahr wurde fast ein Drittel der Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen, weil sie illegal unterwegs waren. Die Taxibranche wirft Uber und Bolt deshalb „Lohndumping“ vor.

Mit den bundesweiten Demos wollen die Ta­xi­fah­re­r:in­nen die Politik dazu bewegen, auch für die Plattformunternehmen einen Mindestfahrpreis einzuführen.

Verkehrsforscher Andreas Knie hält die Forderung für wenig sinnvoll. „Das Problem der Taxis ist nicht Uber, sondern ihre starren Strukturen.“ Auch Knie ist für eine Gleichbehandlung, allerdings in die andere Richtung: Die festen Taxi-Tarife sollten abgeschafft werden. So ließen sich die hohen Standzeiten der Taxis reduzieren, durch höheren Umsatz könne man dann auch wieder die Preise senken. „Der Umsatz bei Uber und Bolt ist sehr viel höher als bei den Taxis“, sagt Knie. Die bestehenden rechtlichen Vorgaben hält Knie für sinnvoll und ausreichend, wenn sie denn durchgesetzt würden.

Die Handhabung der Plattformunternehmen ist in deutschen Städten unterschiedlich. Leipzig führte Anfang April einen Mindestfahrpreis ein, in Berlin wird gerade darüber diskutiert. In Hamburg sind Mietwagenunternehmen seit 2014 verboten.

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6 Kommentare

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  • Ohne Auto demonstrieren ging wohl nicht, so wie es die Bauern nicht ohne ihre Megamaschinen konnten. Bin gespannt, ob demnächst auch andere Berufsgruppen ihre Arbeitsmittel mit auf die Demo nehmen, natürlich möglichst große und sperrige.



    Und eventuell gibt es ja in Berlin überhaupt zu viele Taxen, die sich um Kunden balgen. Nur wie konnte es soweit kommen?

  • Sascha Lobo im SPIEGEL schrieb sehr treffend schon vor zehn Jahren:



    "Das Problem mit der "Sharing-Ökonomie" ist nicht ein eklig agierendes Start-up wie Uber. Es ist die Transformation des digitalen Wirtschaftssystems zum Plattform-Kapitalismus und die mangelnde Vorbereitung von Politik und Gesellschaft darauf. Plattform-Kapitalismus verändert den Arbeitsbegriff, die Grauzone zwischen privater Hilfe und Schwarzarbeit, das Verständnis und die Regelung von Monopolen. Uber ist bloß eine stinkende Blüte des Plattform-Kapitalismus, und sie kann nur stinken, weil Regulierungslücken bestehen". . . . . "Sharing-Ökonomie" ist bloß ein euphemistisch benannter Aspekt einer neuen digitalen Wirtschaftsordnung: Plattform-Kapitalismus."

    Ein Satz gefiel mir besonders gut: "Ohnehin hätte Uber-(Ex)Chef Travis Kalanick einige Schwierigkeiten, einen Sympathiewettbewerb gegen eine Landmine zu gewinnen".

    Spiegel: "Auf dem Weg in die Dumping-Hölle"



    www.spiegel.de/net...smus-a-989584.html

  • Von Uber wurde ich noch nie über den Tisch gezogen, von Taxi Fahrern allerdings schon öfters. Hab das früher mehrmals gehabt das ich nach einigen Tagen in einer Stadt feststellte, dass das Hotel wo ich vom Bahnhof aus ~ 30 Euro für Taxi ausgab, in Wahrheit um die Ecke liegt und der Fahrer mit mir spazieren gefahren ist. Passierte zwar nicht andauernd, aber immer mal wieder.



    Insofern denke ich jede Konkurrenz für die kann nur gut sein...

  • Vor einiger Zeit bin ich mit einem Taxi etwa 1,5 km gefahren und habe dafür 20 Euro gezahlt. Das kann einfach nicht funktionieren.

  • Auch noch mit Autokorso zusätzlich die Straßen verstopfen, und das noch in der größten Hitze. Nicht sehr sympathisch und nicht wirklich zukunftsweisend.

    • @blutorange:

      Naja, was soll man machen, wenn man gerade keinen Trecker zur Hand hat …