■ Taslima Nasrin trifft Klaus „Terminator“ Kinkel: Muckis für die Menschenrechte
Als Klaus Kinkel im Sommer letzten Jahres – als Reaktion auf einen in dieser Zeitung publizierten offenen Brief Martin Walsers – beschloß, sich für Taslima Nasrin einzusetzen, ahnte er wahrscheinlich nicht, welches PR-Potential in der Affäre lag. Nach der Lektüre des neuen Focus-Hefts wird er sich an den Kopf gefaßt haben. Diese Frau aus Bangladesch – „weltberühmt als weiblicher Rushdie“, mit „prägenden Erfahrungen als Gynäkologin“ – hat's wirklich drauf! „Ich freue mich auf Klaus Kinkel. Ich habe ihn im schwedischen Fernsehen gesehen, wie er während des Wahlkampfs die Ärmel aufgekrempelt hat, seine Muskeln zeigte. Ist er ein politischer Schwarzenegger? Ich hoffe, er zeigt Muskeln für die Menschenrechte!!“ „Politischer Schwarzenegger“ – oh là là, nicht von schlechten Eltern, das! Warum fällt so was bloß den Leuten in meinem Büro niemals ein? Klaus „Terminator“ Kinkel zeigt Muskeln für die Menschenrechte! – das wäre doch der Hammer gewesen vor der Wahl, von der wir alle wußten, daß sie für die FDP ein harter Brocken werden würde!
Aber lesen wir weiter im Interview, das Frau Nasrin einem Journalisten namens Hans-Joachim Schilde gegeben hat: „Ich treffe Kinkel am 30. Januar in Bonn. Ich habe Angst vor Neonazis. Aber ich vertraue Helmut Kohl, der mich wie Klaus Kinkel eingeladen hat. Beide sind Männer, die den Fundamentalisten, die meistens nur den Frauen gegenüber stark sind, die Stirn bieten können.“
Wir zögern doch sehr, Klaus Kinkel einen „politischen Schwarzenegger“ in Menschenrechtsfragen zu nennen. Man mußte ihn ja zum Jagen tragen. Zur Erinnerung: Salman Rushdie hat vier Jahre auf das Shakehands eines deutschen Außenministers gewartet. Im Falle Nasrin, in dem ja nicht ein ölhaltiger Wirtschaftspartner wie der Iran, sondern die Regierung von Frau Khaleda Zia, eine der ärmsten und schwächsten der Dritten Welt, zu bearbeiten war, ging die Sache erstaunlich schnell. Auch ein Fall von Männermut.
Die Frage, die nicht nur dieses Interview, sondern der ganze bisher bekannte Verlaufsplan von Taslima Nasrins Deutschland-Besuch aufwirft, ist folgende: Ist Hans-Joachim Schilde ein journalistischer Stallone? Wer Frau Nasrin treffen will, muß sich dieser Tage an ihn wenden, einen deutschen Journalisten mit Wohnsitz in Oslo, der ihre Deutschland-Tournee organisiert. Zu den Programmpunkten gehören nach dem gestrigen Kinkel-Besuch ein Mittagessen im Konrad- Adenauer-Haus, ein Treffen mit Helmut Kohl und dem CDU-Generalsekretär und Menschenrechtsmuskelprotz Peter Hintze, ein Besuch bei Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) in Sachsen-Anhalt, ein Besuch beim sächsischen Innenminister Heinz Eggert (CDU), über dessen Fortschritte bei der Bekämpfung der Ausländerfeindlichkeit sich die Autorin informieren will. Noch was? Ach ja, ein Abendessen bei der Münchner Menschenrechtsillustrierten Focus – Sie wissen schon, dieses Blatt, in dem auch Herr Schilde das Interview...
Hans-Joachim Schilde bereitet übrigens, wie die Agenturen vermelden, einen Film über Frau Nasrin vor. Er wird auch ihren Deutschland-Besuch dokumentieren. Titel: „Karriere wider Willen“. Jörg Lau
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