Tarifstreit im öffentlichen Dienst: Nach der Einigung wird gejammert
Beschäftigte im öffentlichen Dienst bekommen ab dem kommenden Jahr mehr Geld. Die Kosten wollen die Kommunen durch Jobabbau und höhere Gebühren decken.
BERLIN taz/rtr | Städte und Gemeinden wollen die Kosten, die ihnen durch den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst ins Haus stehen, mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und höheren Gebühren für die Bürger beantworten.
„Für viele Kommunen nimmt durch den Tarifabschluss der Druck zu, Personal abzubauen und öffentliche Leistungen zu privatisieren“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der Rheinischen Post vom Montag.
Viele Städte und Gemeinden würden nun nach Möglichkeiten suchen, ihre Einnahmen durch höhere Beiträge, Gebühren oder Steuern zu verbessern, so Landsberg. Die Beschäftigten von Bund und Kommunen erhalten innerhalb von zwei Jahren stufenweise 6,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt.
Die Einigung kostet die Kommunen nach Berechnungen des Verbandes 2,2 Milliarden Euro in diesem und rund 4,3 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Wolfgang Paul, Tarifsekretär bei Ver.di, erklärte, das Volumen der Erhöhung liege im ersten Jahr der Laufzeit bei durchschnittlich 3,74 Prozent mehr Entgelt.
Zum Vergleich: In der Tarifrunde 2010 gab es im ersten Jahr nur 1,2 Prozent mehr. Der Verband der Metall-Arbeitgeber in Baden-Württemberg betonte, die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst könne kein Maßstab für die Metallbranche sein. „Der Staat hat hier über seine Verhältnisse abgeschlossen“, sagte der Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, Peer-Michael Dick, der Süddeutschen Zeitung. Er wundere sich, wie dies angesichts der Verschuldung der Kommunen möglich sei.
Die IG Metall fordert Lohnerhöhungen von 6,5 Prozent, für die Chemieindustrie lautet die Gewerkschaftsforderung 6,0 Prozent – für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Der Städte- und Gemeindebund fordert angesichts der zusätzlichen Kosten, die auf die Kommunen zukommen, Hilfen des Bunds. Landsberg sagte, die Bundesregierung müsse die Finanzierung bestimmter Sozialleistungen den Kommunen abnehmen. So seien die Eingliederungshilfen für Behinderte, die die Städte und Gemeinden jährlich knapp 14 Milliarden Euro kosteten, keine kommunale Aufgabe.
Ver.di-Chef Frank Bsirske rechtfertigte den vergleichsweise kostspieligen Tarifabschluss. „Man kann einen funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr und eine funktionierende Abfallwirtschaft nicht zum Schnäppchenpreis bekommen“, sagte er im Deutschlandfunk.
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