piwik no script img

Tarifstreit beim MetronomPrivatbahn unter Druck

Nach den Zugausfällen beim Metronom üben Fahrgastvertreter heftige Kritik. Unternehmen wirft Lokführer-Gewerkschaft GDL vor, es in "Geiselhaft" zu nehmen.

Lahmgelegt: Lokführer der GDL streiken vor einem Metronom-Zug. Bild: dpa

BREMEN taz | Auch am Montag sorgte der Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) für schwere Beeinträchtigungen beim Zugverkehr der Metronom Eisenbahngesellschaft. Am Vormittag seien rund 65 Prozent der Zugverbindungen ausgefallen, teilte das Unternehmen mit.

Am stärksten betroffen war die Strecke Hamburg-Cuxhaven. Etwa 55 Lokführer beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben an der Arbeitsniederlegung. Hinzu kommt, dass der Metronom unabhängig vom Streik derzeit zu wenige Lokführer zur Verfügung hat.

Fahrgastvertreter sind stocksauer. "Die Tarifauseinandersetzung wird auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen", sagt Klaus Steinfatt, Sprecher des Fahrgastbeirates Harburg. "Die Züge sind unpünktlich und unzuverlässig. Wenn man morgens losfährt, weiß man nicht, ob man nach Feierabend wieder nach Hause kommt. Das sind unhaltbare Zustände."

Steinfatt wirft der für den Regionalverkehr zuständigen Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen schwere Versäumnisse vor: "Nach allem was wir wissen, hat die weder versucht zu erreichen, dass die DB-Fernzüge für Nahverkehrspendler freigegeben werden, noch bei anderen Privatbahnen versucht, zusätzliche Züge zu bestellen." Ihn erbost, dass die Reisenden nicht entschädigt werden. "Die Leute müssen auf den PKW umsteigen oder mit dem Taxi fahren, bleiben aber auf den Kosten sitzen. Nur 27 Prozent der Züge fahren, aber 100 Prozent der Abogebühren werden abgebucht."

"Die Erstattungsregeln sind ein Witz", sagt auch Gernot Lucks vom Asta der Uni Oldenburg, dessen Semesterticket Metronom-Strecken umfasst. Lucks ist einer der Sprecher des Fahrgastbeirates Bremen-Niedersachsen. "Im Semester bekommt man maximal 4,50 Euro erstattet. Dafür kann ich nicht eine einzige Taxifahrt bezahlen."

Hintergrund des sich seit fünf Monaten hinziehenden Streits sind vor allem strategische Fragen. Denn das Lohnniveau beim Haustarif des Metronom ist auch aus Gewerkschaftssicht akzeptabel. Doch eben diesen Haustarifvertrag will die GDL überwinden - der Metronom soll dem Bundesrahmentarifvertrag für die Eisenbahnbranche beitreten. Den hat die GDL mit der Deutschen Bahn ausgehandelt. "Wir streiten uns nicht um die Tarifhöhe. Es geht um ein inhaltsgleiches Rahmenniveau", sagt GDL-Sprecher Lutz Schreiber.

Hintergrund des Streits ist auch, dass die GDL gegenüber der Eisenbahngewerkschaft EVG an Einfluss verliert. Bei den Metronom-Lokführern ist der GDL-Organisationsgrad noch sehr hoch - eine Integration der Privatbahn in das bundeseinheitliche Tarifsystem würde die Position der GDL stärken.

Beim Metronom ist man mittlerweile restlos entnervt. "Von Verhandeln kann keine Rede mehr sein. Die GDL will uns ihren Willen aufzwingen", sagt Unternehmenssprecherin Hannah Kohn. "Die GDL nimmt uns in Geiselhaft für einen bundespolitischen Prestigekampf gegen die EVG." Das Ende des Metronom-Haustarifvertrages könnte einen ruinösen Wettbewerb mit der Deutschen Bahn zur Folge haben. "Die Deutsche Bahn mit ihren hohen Rücklagen könnten mit der GDL Tarifverträge abschließen, die uns uns ruinieren", sagt Kohn. "Darauf können wir nicht eingehen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • P
    Pendler

    Das die GDL hier mit gerade mal einer Handvoll Lockführern unbehelligt täglich tausende Pendler terrorisieren darf, ist ein Unding. Das eine Gewerkschaft streiken darf ist klar, aber wenn da durch ein paar wenige Personen tausende von anderen Arbeitnehmern, Schüler und Studenten unter größeren finanziellen Belastungen zu leiden haben (Bahnpendler sind sicher nicht die "Reichen" in Deutschland) und teilweise sogar um ihren Job bangen müssen, dann würde ich schon gern mal wissen, warum hier nicht langsam mal das öffentliche Interesse wichtiger ist als das (hier rein Machtpolitisch genutzte) Streikrecht. Würde hier immer noch der Fernverkehr bestreikt, dann hätte es längst mehr Reaktion von Seiten der Politik gegeben, aber das einfache Arbeitsvolk aka. Berufspendler, ist ja unwichtig.

  • P
    Pendler

    Das die GDL hier mit gerade mal einer Handvoll Lockführern unbehelligt täglich tausende Pendler terrorisieren darf, ist ein Unding. Das eine Gewerkschaft streiken darf ist klar, aber wenn da durch ein paar wenige Personen tausende von anderen Arbeitnehmern, Schüler und Studenten unter größeren finanziellen Belastungen zu leiden haben (Bahnpendler sind sicher nicht die "Reichen" in Deutschland) und teilweise sogar um ihren Job bangen müssen, dann würde ich schon gern mal wissen, warum hier nicht langsam mal das öffentliche Interesse wichtiger ist als das (hier rein Machtpolitisch genutzte) Streikrecht. Würde hier immer noch der Fernverkehr bestreikt, dann hätte es längst mehr Reaktion von Seiten der Politik gegeben, aber das einfache Arbeitsvolk aka. Berufspendler, ist ja unwichtig.