■ Das Potenzial für den Widerstand gegen den Sozialabbau einer faktisch großen Koalition ist vorhanden : Tariffragen sind Machtfragen
betr.: „Kampf der Autonomie“, taz vom 28. 10. 03
Der Angriff auf die Tarifautonomie ist vor allem deshalb abzulehnen, weil es keineswegs um eine „Stärkung“ oder „mehr Macht“ für Betriebsräte geht, sondern um einen weiteren Versuch, das allgemeine Lohnniveau nach unten zu drücken. Der Betriebsrat steht dem Arbeitgeber in einer deutlich schwächeren Position gegenüber als die Gewerkschaften. Der Grund hierfür ist, dass Betriebsräte laut Gesetz (bedauerlicherweise) nicht zum Streik aufrufen dürfen. Dieses Mittel ist allerdings unerlässlich, um angemessene Tarifverträge durchzusetzen. Denn Tariffragen sind Machtfragen: Ohne die Möglichkeit, gewerkschaftliche Gegenmacht aufzubauen, wären Arbeitnehmer und Betriebsräte weitgehend dem Diktat der Arbeitgeber unterworfen.
Weiterhin ist es keineswegs so, dass die Gewerkschaften den Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition einfach nur tatenlos zuschauen müssten, wie Thilo Knott meint. Angesichts dieses Frontalangriffs der CDU auf die Gewerkschaften sollten diese ihre Basis zu Aktionen bis hin zu politischen Streiks mobilisieren. Dass ein Potenzial für Widerstand gegen den Sozialabbau einer faktischen großen Koalition vorhanden ist, hat die überwiegend von Gewerkschaftern besuchte Berliner Demo gegen die Agenda 2010 deutlich gezeigt. CHRISTIAN GODAUBetriebsratsvorsitzender Kieler Servicehäuser derArbeiterwohlfahrt, Kiel