Tanzfestival "Tanz der Kulturen": "Tanzen ist eine Form der Kommunikation"
Mehmet Ballikaya organisiert den "Tanz der Kulturen". Seine Ausbildung hat der Kurde in der Türkei gemacht. Das Fest soll den Austausch zwischen den Kulturen fördern.
taz: Herr Ballikaya, Sie stammen aus Varto, einer von Kurden, Armeniern und Türken bewohnten Stadt im östlichen Anatolien. Wie kommt man dort ausgerechnet zum Tango?
Mehmet Ballikaya: Tanz spielt eine große Rolle dort, vor allem Volkstanz. Ich war fasziniert vom Tanzen, seit ich als ganz kleines Kind meinen Eltern dabei zugeschaut habe. Sie tanzten Cepki, unseren kurdischen Kreistanz. Da war so viel Gefühl, so viel Ausdruck dabei, dass ich von dem Moment an wusste: Tanzen ist Leidenschaft, meine Leidenschaft.
Beim internationalen Tanzfestival der Kulturen zeigen Gruppen aus 17 verschiedenen Ländern in Workshops und Aufführungen an verschiedenen Orten ihre jeweiligen Volkstänze.
Höhepunkte des Festivals ist die Tanzgala am Freitagabend in der Universal-Halle in Moabit.
Mehr Infos über Karten und Programm unter www.diesetzer.de
Mehmet Ballikaya, 38, arbeitet als Familienhelfer, Tanzpädagoge und Tanzlehrer.
Infos: mehmetballikaya.com
Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre Leidenschaft reagiert?
Außer meinen Eltern haben eigentlich alle komisch reagiert - anfangs sogar meine jetzige Ehefrau, die ich in Deutschland kennen lernte. Tänzer haben auch in der Türkei einen schlechten Ruf. Sie werden "soytari" genannt, was auf Deutsch so viel bedeutet wie "Taugenichts".
Sie sind ausgebildeter Tänzer?
Ich bin Tänzer, Tanzlehrer und Ausbilder für Tanzlehrer. In der Türkei sind das mehrjährige akademische Ausbildungen. Ich habe aber noch nie in meiner Heimatstadt Varto Tango getanzt.
Dafür umso mehr in Berlin, wo Sie seit neun Jahren leben. Seit fünf Jahren organisieren Sie das Tanzfest "Tanz der Kulturen". Worum geht es dabei?
Tanz ist für mich vor allem eine Form von Kommunikation - mit allen Sinnesorganen. Als ich nach Berlin kam und in einer sozialen Einrichtung arbeitete, kam einmal ein Polizist zu mir und beschwerte sich, dass die Einwanderer sich abkoppeln, "zumachen" würden. Da habe ich gedacht, wie brauchen eine neue Form von Austausch. So kam die Idee zu dem Tanzfest.
Das besteht aus Aufführungen und Workshops mit Tänzen aus aller Welt. Wer nimmt teil?
Alle Tanzgruppen sind solche, die in Berlin eine zweite Heimat gefunden haben. Sie sind der perfekte Gegenbeweis für Sarrazins Behauptung, dass Einwanderer höchstens als Obst- oder Gemüsehändler eine sinnvolle Funktion erfüllen können.
Sarrazin würde jetzt aber vermutlich nach dem wirtschaftlichen Nutzen fragen.
Wir machen mit dem Tanzfest keinen Gewinn. Wir bekommen keinerlei öffentliche Förderung, alle arbeiten ehrenamtlich mit. Uns geht es nicht um wirtschaftlichen, sondern um kulturellen und sozialen Gewinn.INTERVIEW: ALKE WIERTH
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