: Tanz den Alligator-Jazz
■ Die „Alligatory Band“ des Posaunisten Ray Anderson spielt am Dienstag abend im Schlachthof
Er ist der Paradiesvogel unter den Jazzmusikern, und dies nicht nur, weil Ray Anderson bei seinen Konzerten meist in schreiend bunten Klamotten und mit hiper Schlappmütze über die Bühne tobt. Keiner spielt so übermütig, expressiv und abenteuerlich wie er die Posaune, keiner vermischt so respektlos und originell die Jazzstile, keiner ist live auf der Bühne so souverän zugleich Virtuose und Entertainer wie dieser dünne, weiße Tausendsassa aus New York.
Wie vielseitig er sich durch die Jazzgeschichte spielt, hat er vor gut drei Jahren in der Bremer Schauburg mit dem „Wishbone Festival“ bewiesen, bei dem er an zwei Abenden in vier völlig unterschiedlichen Formationen spielte. Eine davon, die „Alligatory Band“ meisterte hier mit Bravour ihren ersten öffentlichen Auftritt. Fünf Jahre nachdem Anderson die „Slickaphonics“ aufgelöst und in keiner Funk-Band mehr gespielt hatte, wollte er wohl wieder eine Gruppe haben, in der er sich so richtig austoben konnte.
Dazu spielt die Rhythmusgruppe durchgängig einen schwarzen, funkigen Beat und Anderson setzt hier noch öfter als sonst seine Posaune ab, um durchs Publikum zu tanzen oder ein obzönes Loblied auf wohlproportionierte Frauenbeine zu singen. Bei aller Partylaune ist die musikalische Bandbreite der Gruppe erstaunlich groß: „The Alligatory Crocodile“ dampft etwa von der feuchten Hitze der Sümpfe von New Orleans, „Ah Soca“ hat lateinamerikanische Wurzeln und die Kompositionen des Gitarristen Jerome Harris sind kühler, fast avantgardistischer Electric Jazz.
Nur die Perkussionisten Frank Colon und Tommy Campell waren vor zwei Jahren noch nicht mit dabei. Ansonsten sind sowohl Harris, Bassist Gregory Jones und vorallem der Trompeter Lew Soloff inzwischen schon altgediente Alligatoren. Soloff gehört als Gründungsmitglied der Band „Blood, Sweat & Tears“ zu den Veteranen des Fusionjazz, und mit seinem messerscharf, rockigen Ansatz gibt er einen spannenden Kontrast zu Andersons explosiver Spielweise. Vor drei Jahren lud Anderson gleich zu Beginn des Sets das Publikum eindrücklich zu tanzen ein.Und auch diesmal wird es garantiert eine wilde Nacht.
Willy Taub
Di. 20.30 Uhr, Kesselhale Schlachthof
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