Tanklaster-Angriff in Afghanistan: Guttenbergs Widersprüche
Guttenberg bezeichnete den Angriff auf den Tanklaster als "militärisch angemessen", obwohl ihm die gegenteilige Meinung vorlag. Verpfiffen haben ihn offenbar die eigenen Leute.
Auch der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verstrickt sich in seinen Aussagen zum Luftangriff in Kundus in Widersprüche.
Einen Schlag versetzte es der Glaubwürdigkeit des Ministers am Mittwoch, dass Einzelheiten aus dem Bericht der Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) bekannt wurden, der Guttenberg am 6. November zugegangen war. Guttenbergs Sprecher bestätigte, dass der Minister den Bericht bereits kannte, als er am 6. November verkündete, der Luftangriff sei "militärisch angemessen" gewesen, und es habe dazu "kommen müssen".
Laut stern schreibt das IKRK, dass das Bombardement zweier von den Taliban entführter Tanklaster Anfang September nicht "im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht" gestanden habe. Dafür habe es zu viele zivile Tote gegeben. Im Anhang des Berichts werden laut stern die Namen von 74 toten Zivilisten aufgezählt, darunter auch acht-, zehn- und zwölfjährige Kinder.
"Unwahrscheinlich" sei es weiterhin gewesen, dass die Tanklaster als rollende Bomben gegen das Bundeswehrlager in Kundus eingesetzt worden wären. Sie hätten keine "unmittelbare Bedrohung" dargestellt.
Das Internationale Rote Kreuz bestätigte am Mittwoch lediglich, dass es den Bericht am 5. November abgeschickt habe und dass es ein Büro in Kundus betreibe. Das IKRK arbeite grundsätzlich vertraulich mit den zuständigen Autoritäten zusammen, erklärte eine Sprecherin. "Wir führen auch keine formellen Untersuchungen durch, sondern sammeln Behauptungen und Hinweise." Man sei nicht einverstanden damit, dass der Bericht öffentlich wurde.
Dieser dürfte demnach aus dem Ministerium an die Presse gelangt sein. Was dies über Guttenbergs Position in seinem Haus sagt, wollte sein Sprecher nicht kommentieren: "Es ist müßig, sich im Einzelnen darüber Gedanken zu machen." Er verwies jedoch darauf, dass Guttenberg in seiner ersten Pressekonferenz als Verteidigungsminister am 6. November sogar selbst auf den Rotkreuzbericht Bezug genommen hatte.
In der Tat erklärte Guttenberg damals: "Ich gehe persönlich davon aus, dass es zivile Opfer gab." Es gebe hierzu widersprüchliche Berichte, unter anderem den vom Roten Kreuz. Jedes einzelne zivile Opfer jedoch bedaure er "von Herzen und zutiefst".
Dass das Rote Kreuz nahelegte, der Angriff sei völkerrechtswidrig gewesen und es habe keine Bedrohung gegeben, scheint den Minister nicht so sehr beeindruckt zu haben. Am 6. November erklärte er dazu, es sei eben unsicher gewesen, ob die Lkws "noch zwei Tage oder nur fünf Minuten" im Bett des Kundus-Flusses feststecken würden.
Rätselhaft ist jedoch, warum Guttenberg in einem Interview mit der "Tagesschau" am 29. November erklärte, er habe seine Einschätzung vom 6. November ausschließlich auf Grundlage des Nato-Untersuchungsberichts getroffen - "des einzigen Berichts, der mir vorlag".
Dadurch wollte er offenbar unterstreichen, warum er zuvor Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan sowie Staatssekretär Peter Wichert entlassen hatte. Offiziell haben die beiden Guttenberg wichtige Akten vorenthalten, sodass Guttenberg sein Urteil am 6. November uninformiert treffen musste. Entsprechend korrigierte Guttenberg dies am 3. Dezember: Der Luftangriff sei "militärisch nicht angemessen" gewesen.
Der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour sagte am Mittwoch, wenn Guttenberg jedoch auch schon den IKRK-Bericht kannte, stelle sich die Frage, warum Schneiderhan wirklich gehen musste. "Wann hat der Minister eigentlich wirklich welche Akten gekannt?", fragte Nouripour. Dies dürfte nun Gegenstand des kommenden Untersuchungsausschusses sein.
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