piwik no script img

Tanker warten seit Tagen auf BeladungNorwegen liefert wieder Flüssiggas

Europas zweitgrößte Produktions­anlage geht nach 20 Monaten Stillstand wieder in Betrieb.

Die LNG-Anlage Nahe Hammerfest in Norwegen Foto: reuters

Nach einer mehr als 20 Monate langen Pause soll in der Gasverflüssigungsanlage auf der Melkøya beim nordnorwegischen Hammerfest ab Montag wieder Flüssiggas produziert werden. Die federführend vom norwegischen Öl- und Gaskonzern Equinor betriebene Anlage musste nach einem verheerendem Brand im September 2020 stillgelegt werden. Wegen umfassender Reparaturarbeiten verzögerte sich die für zuletzt März 2022 vorgesehene Inbetriebnahme immer wieder.

Die LNG-Produktionsanlage auf der Melkøya (Milchinsel) ist die nach der im russischen ­Jamal derzeit größte derartige Anlage Europas. Sie hat eine Kapazität von jährlich rund 6 Milliarden Kubikmeter. Vom Gasfeld „Snøhvit“ (Schneewittchen) in der Barentssee wird über eine 140 Kilometer lange Unterwasserpipeline das Gas angeliefert und auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt, um so in flüssiger Form mit LNG-Tankern in alle Welt verschifft zu werden. Das Projekt war von jahrelangen Protesten von UmweltschützerInnen begleitet worden. Die LNG-Anlage ist eine der größten einzelnen CO2-Emissionsquellen des Landes. Sie wird als Klimakiller kritisiert: Seit ihrer Inbetriebnahme hat sie rund 10 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre geschickt.

Von Anfang an hatte die Anlage mit Produktionsproblemen und Konstruktionsfehlern zu kämpfen. Um nicht noch mehr teure Stillstandszeiten zu riskieren, hat man es dort mit der Sicherheit wohl nicht so genau genommen. Die Aufsichtsbehörde Petroleumstilsynet stellte nach ihrer Untersuchung des Brands 2020 fest, dass diese von ihr als „ernstester Zwischenfall in der norwegischen Erdölgeschichte“ bewertete Katastrophe auf „schwerwiegende Regelverstöße“ seitens des Betreibers zurückzuführen sei.

Entstanden war das Feuer durch Überhitzung in einem auch durch Insekten verstopften Filtersystem einer Turbine. Der Konstruktionsfehler war schon 2013 entdeckt worden, siebenmal war es zu Filterschmelzen und Beinahebränden gekommen. Ausreichende Konsequenzen bei den Betriebsabläufen waren aber nicht gezogen worden. Nach dem Brand mussten rund 22.000 Komponenten der Anlage überprüft und teils ersetzt sowie Stromkabel in einer Länge von 140 Kilometern erneuert werden. Zu den Kosten will sich Equinor nicht äußern, Medien schätzen allein die aufgrund des Produktionsausfalls entgangenen Einnahmen auf rund 2 Milliarden Euro. An Brisanz gewann der Produktionsausfall auf der Melkøya aufgrund der kräftig verstärkten Gasnachfrage der letzten Monate. Vier LNG-Tanker warten seit Tagen in den Gewässern vor der Insel darauf, betankt zu werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Logistisch gesehen ein großes Geschäft.



    Lieferung von Flüssiggas nach Europa. Als Rückladung dann CO2, dass verpresst wird.

    Man wird letztlich nicht an CCS vorbeikommen, auch wenn die Grünen und Greenpeace schreien. Genügend Anhänger gibt es ja, die wie die Lemminge folgen. Absturz über die Klippen durchaus im Bereich des Möglichen.



    Die haben es immer noch nicht kapiert.