Analyse: Der neue Regionalverband Ruhr : Taktische Paragrafenreiter
Manchmal kann die Veränderung eines Buchstabens enorme Wirkung haben. Am 1. Oktober 2004 wird der Kommunalverband Ruhr (KVR) per Gesetz in einen Regionalverband Ruhrgebiet (RVR) umgewandelt. Aus dem ehemaligen Siedlungsverband wird jetzt eine neue Union der festen Hand, die die Belange der gesamten Region vertreten soll. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe, schon gar nicht auf hysterische Euphorie.
Zu Wolfgang Clements Führungszeiten war das schwerfällige Schlachtross der Kommunen unbeliebt, galt als kompetenzlos und sollte längst abgeschafft werden. Jetzt könnte es ein schneller Hengst auf dem Weg zur Verwaltungsstrukturreform in ganz NRW werden, wenn es das Ruhrgebiet schafft, die neue starke Organisationstruktur als Gegenpol zur zerstückelten Bezirkslandschaft zu nutzen.
Im neuen RVR wird es möglich sein, städteübergreifende Flächennutzungspläne zu erstellen, die zwar vom Land genehmigt, aber nicht mehr von den jeweiligen Bezirksregierungen abgesegnet werden müssen. Das gleiche könnte für Abfallentsorgung, öffentlichen Nahverkehr oder Tourismusentwicklung gelten, wenn die Kommunen nur wollen. Doch einige wollen natürlich nicht, wollen weiter zu Gunsten ihrer Städte oder Kreise taktieren, nur von Fall zu Fall kooperieren. Es könnte ja sein, dass die Vorteile bei der Nachbarkommune größer sind, als am eigenen Herd. Gerade die Dortmunder Führungsriege war immer der Meinung, sie könnten als Einzelkämpfer mehr Rosinen ergattern. Und OB Gerhard Langemeyer (SPD) ist eine neue Behörde sowieso „Graus und Horror“.
Jetzt kommt auch noch ein Vorstoß der CDU-Mehrheitsfraktion im KVR dazu. Plötzlich werden dort verfassunggsrechtliche Bedenken laut. Das Gesetz sei ein schlampiger Schnellschuss und für die zukünftige Arbeit kontraproduktiv. Ein Gutachten von einem anerkannten Verfassungsrechtler soll her. Dafür wird in der nächsten Woche eine Sondersitzung des KVR- Verbandsausschusses einberufen. Das heilige Gut der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie steht auf dem Prüfstand. Über 40 Änderungen fordern die Juristen der Schwarzen Partei an Rhein und Ruhr. Und da geht es nicht nur um mangelhafte Formulierungen. Wilhelm Jasperneite, der Fraktionschef der CDU-Fraktion im KVR sieht sogar nur noch einen Torso von Verband übrig bleiben, der 2005 wieder beerdigt werden müsse. Das wäre schade und schädlich für die Region. Nur mit einem starken RVR werden die lächerlichen Fürstentümer und die Dreiteilung des Reviers überwunden werden können.
PETER ORTMANN