Tagesschau-App fürs iPhone: Springer fühlt sich verapplet
Die ARD will eine kostenlose "Tagesschau"-Anwendung für das iPhone basteln. Beim Springer-Verlag, der kürzlich teure "Bild"- und "Welt"-Apps herausbrachte, ist man sauer.
Der Streit um die Öffentlich-Rechtlichen und ihre Möglichkeiten, Programme über neue mediale Vertriebswege zu verbreiten, geht weiter: Nun beharken sich die ARD und der Springer-Verlag um die Nutzung des iPhones. Stein des Anstoßes ist die Ankündigung von Tagesschau-Boss Kai Gniffke, seine Redaktion werde demnächst eine eigene Anwendung ("App") für das Gerät bereitstellen – kostenlos und noch im ersten Quartal des nächsten Jahres.
Bei Springer reagierte man mit Befremden: "Es gehört ganz sicher nicht zum Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten, kostenlose Applets auf dem iPhone zur Verfügung zu stellen", ließ Sprecherin Edda Fels der Presse mitteilen. Das sei eine "nicht tolerierbare Marktverzerrung".
Offensichtlicher Grund für die Wut des Verlages aus der Berliner Rudi-Dutschke-Straße ist die Tatsache, dass er gerade selbst zwei neue iPhone-Programme vorgestellt hat – kostenpflichtig und im Rahmen einer groß angelegten "Paid Content"-Initiative, die feststellen soll, ob Leser für journalistische Inhalte zahlen. Bild und Welt gibt es ab sofort für bis zu fünf Euro im Monat. Das Angebot scheint anzukommen: In Apples "App Store" landeten die Programme ganz vorne, wenn auch diverse Käufer sich beschwerten, nicht mitbekommen zu haben, dass die Bild- und Welt-Apps monatlich neu gekauft werden müssen.
Gniffke betonte, man wolle die mehrere hunderttausend iPhone-User "mit seriösen Nachrichten versorgen". Die hätten eine Anwendung für das Smartphone bereits durch ihre Gebührengelder mitfinanziert. Bei Springer giftete man zurück, man sei davon ausgegangen, dass die vorhandenen Gebühren schon nicht mehr zur Finanzierung des bestehenden Angebots ausreichten. "Deshalb wundern wir uns, dass vor der geplanten Gebührenumstellung das Angebot sogar erweitert werden soll." Gniffke betonte, man habe zwar Verständnis für die Sorgen der Privaten bei ihrer Suche nach frischen Geschäftsmodellen. Man plane in der Tagesschau-App aber vor allem "harte Nachrichten" und wenig Buntes.
Inzwischen hat sich auch der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) eingeschaltet. Der schrieb bereits einen Brief an den Kulturstaatsminister und die Ministerpräsidenten der Länder – die iPhone-Affäre weitet sich aus. Der VDZ erwägt sogar rechtliche Schritte. Tatsächlich ist das Anbieten kostenloser Nachrichten-Apps auch bei privaten Verlagen gang und gäbe – so gibt es etwa die Anwendungen von Focus oder Stern seit Anbeginn kostenlos. Erst Springer hatte auf breiterer Ebene mit einer Paid Content-Strategie begonnen. Die Entwicklung einer iPhone-Anwendung ist eigentlich nicht so teuer: Einen mittleren vierstelligen Euro-Betrag muss man anlegen, wenn man sich auf das reine Abspielen von Neuigkeiten konzentriert. Die ARD will wohl zunächst nur die News ihres Tagesschau.de-Angebots übernehmen und keine Spezialinhalte anbieten.
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