TV-Duell um Nachfolge von Theresa May: Johnson hält an Brexit-Datum fest
Boris Johnson und Jeremy Hunt lieferten sich einen Schlagabtausch im britischen Fernsehen. Es ging um die Frage, wer den Brexit durchsetzen kann.
Daraufhin bezeichnete Johnson seinen Konkurrenten als „Defätisten“, als einen „Miesmacher“. Mit seiner Energie und seinem Optimismus werde er hingegen Großbritannien „wieder Schwung verleihen“, sagte der frühere Außenminister und ehemalige Bürgermeister von London. „Verzögern wird keinen Deal bringen. Eine Frist wird einen Deal bringen“, ergänzte Johnson mit Verweis auf das Brexit-Datum.
Hunt warf Johnson indes vor, eine „Fake-Frist“ zu setzen und nur machtverliebt zu sein. „Es geht nicht um alles oder nichts, oder? Es geht um Boris in Number 10 (Downing Street)“, gab er mit Blick auf den offiziellen Regierungssitz in London zurück. Er fragte Johnson zudem, ob er zurücktreten würde, falls er den Brexit am 31. Oktober nicht liefern könne. Johnson gab keine Antwort. Hunt versuchte sich im TV-Duell als einen Mann zu präsentieren, der mehr Erfahrung, Pragmatismus und breiteren Zuspruch im Volk habe als der polarisierende Johnson.
Der Brexit ist bereits zweimal verschoben worden. Die scheidende Premierministerin May fand im Parlament mehrmals keine Mehrheit für ihren mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag. Gegen einen ungeordneten Brexit ohne Scheidungsvereinbarung spricht sich eine Mehrheit der Abgeordneten aber ebenso deutlich aus. Angesichts der politischen Sackgasse erklärte May schließlich ihren Rücktritt.
Labour-Chef Corbyn will erneut abstimmen lassen
Rund 160.000 Mitglieder der Konservativen Partei bestimmen nun den nächsten Parteichef, der dann auch Premierminister wird. Johnson gilt als haushoher Favorit. Hunt hatte mit dem TV-Duell vom Dienstag zwar die Chance auf eine mögliche Wende. Doch könnte es schon zu spät sein, zumal die Stimmzettel bereits versandt wurden und sich viele Parteimitglieder bereits entschieden haben. Der Gewinner wird am 23. Juli verkündet.
Dann hätte er noch gut drei Monate bis zum aktuellen Brexit-Termin, um eine Mehrheit für einen Austrittsvertrag zu finden. Andernfalls scheidet Großbritannien ohne Abkommen aus der EU, was nach Ansicht der meisten Experten schweren Schaden für die Wirtschaft bedeuten würde.
Im Brexit-Streit hatte der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, am Dienstag mit einer Kehrtwende für Aufsehen gesorgt. Mays Nachfolger solle das Volk erneut darüber abstimmen lassen, ob es in der EU blieben oder ausscheiden solle, forderte Corbyn. In einem solchen Fall werde seine Partei für einen Verbleib Großbritanniens in der Union werben. Bisher hatte der langjährige EU-Kritiker Corbyn sich gegen eine neue Volksabstimmung gesträubt und verlangt, dass Labour den Wählerwillen von 2016 akzeptiere. Jüngste Wahlergebnisse zeigten aber, dass Labour Stimmen an Parteien wie die Grünen und die Liberaldemokraten verliert, die für einen Verbleib in der EU sind.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt