TV-Debatte Clinton gegen Obama: Verdammt präsidial

Im Wettstreit um die Präsidentschaftskandidatur hat sich der Ton zwischen den US-Demokraten verschärft. Zeit für eine außerordentliche Fernsehdebatte.

Obama anzugreifen muss ungefähr so viel Spaß machen, wie zu versuchen, einen Marshmallow an die Wand zu nageln. Bild: dpa

Die Bühne war bereitet für eine außerordentliche Fernsehdebatte. Hillary Clinton, so viel schien seit Tagen klar, musste diese letzte Chance vor den vielleicht entscheidenden Vorwahlen in Texas und Ohio am 4. März am Schopfe packen, um ihren Kontrahenten Barack Obama noch einmal so richtig anzugreifen.

Wie das gehen konnte, hatte man in den letzten Tagen vonseiten ihrer Kampagne doch zu Genüge beobachten können. War da nicht ihr Ausraster "Schäm Dich, Barack Obama!" gewesen, mit dem sie sich in Cincinnati über Obamas Postwurfsendungen beschwert hatte, die vermeintlich falsche Informationen über ihr Gesundheitsprogramm enthielten? Hatte sie sich nicht noch am Montag auf einer Wahlkampfveranstaltung über die ihrer Meinung nach inhaltslosen Reden ihres Kontrahenten lustig gemacht und ihn mit einer Imitation lächerlich gemacht?

Und was war mit dem Foto im Internet, das Obama im traditionellen Gewand und Turban bei einem Besuch in Somalia zeigte und keinen anderen Zweck hatte, als die Spekulationen über seinen Patriotismus wieder anzuheizen? Warum hatte niemand aus ihrer Kampagne den Verdacht entkräftet, dass ihr Lager das Foto einem einflussreichen Blogger gesteckt haben könnte, um sicherzugehen, dass es möglichst schnell überall im Internet landete? Die Erwartungen auf einen harten Schlagabtausch waren jedenfalls hoch.

Und dann diese Debatte. Gut, es war die 20. Da sind gewisse Ermüdungserscheinungen verständlich. Aber es gab tatsächlich weder Überraschungen noch Lacher noch Attacken, die einen der beiden aus der Fassung gebracht hätten. Wäre es nach Clinton gegangen, hätten sich die gesamten 90 Minuten um das Thema Gesundheit gedreht. Zum Glück war nach den ersten 16 (!) Schluss. Denn riesige Unterschiede gibt es zwischen ihr und Obama auch in diesem Feld nicht, so sehr sie sich auch bemüht. Der einzige Unterschied, ja er ist wichtig, aber er lässt sich wirklich relativ schnell zusammenfassen: Clinton will verbindlich festlegen, dass alle US-Amerikaner krankenversichert sind, Obama verlangt das nur für Kinder und setzt ansonsten auf Freiwilligkeit.

Auch die anschließenden Themen mitsamt der Positionierung der Kandidaten dürften die Menschen an den Fernsehschirmen bereits aus dem Effeff gekannt haben. Als es um das Handelsabkommen Nafta ging, das viele für die Arbeitsplatzverluste in Ohio mitverantwortlich machen, kam Clinton ein wenig in die Bredouille. Schließlich hatte es ihr Ehemann einst ins Leben gerufen. Und Obama war immer schon dagegen gewesen. Wie auch gegen den Irakkrieg, bei dem seine Kontrahentin seit jeher nicht so recht weiss, wie sie eigentlich dazu steht. Spätestens nach der Hälfte war klar: TV-Debatten sind gut, aber irgendwann auch zu viel des Guten.

Clinton hätte die Debatte eigentlich nur mit einem richtigen Volltreffer für sich entscheiden können. Wenn sie Obama irgendwie aus dem Gleichgewicht hätte bringen können, so dass er eventuell sogar die Fassung verloren hätte. Sie versuchte es ständig mit unanständigen Vorwürfen, die alle mehr oder weniger aus dem Kontext gerissen waren. Und dann hatte man auch noch den Eindruck, sie meine es gar nicht so ernst.

Stattdessen war, und das war in der Tat das einzig Bemerkenswerte in der gesamten Debatte, Obamas atemberaubendste Fähigkeit gleich an mehreren Stellen zu beobachten, die es selbst für einen Republikaner schwer machen wird, gegen ihn am 4. November zu gewinnen: Er schafft es mit verblüffender Leichtigkeit, sich aus jedem Angriff in eine Position der Stärke zu manövieren, ohne dabei die Kritik an ihm als außerirdisch abzutun. Ihn anzugreifen muss ungefähr so viel Spaß machen, wie zu versuchen, einen Marshmallow an die Wand zu nageln.

Konfrontiert etwa mit den immer wieder geäußerten Zweifeln an seiner Israeltreue, gelang es ihm, sich gewissermaßen als der Kandidat mit den besten und glaubwürdigsten jüdischen Kontakten zu portraitieren - was zwar absurd ist, aber dennoch nicht gekünstelt wirkte. Und auf die Frage, ob er denn bereit wäre, abermals den Irak zu bekriegen, wenn nach dem von ihm gewünschten Abzug al-Qaida das Land übernehmen würde, antwortete er: "Ich werde das machen, was im Interesse der USA ist - und Terror zu bekämpfen, gehört dazu." Zu weich, weil er nicht eindeutig ja sagt? Oder zu hart, weil er es nicht kategorisch ausschließt? Wie auch immer man es haben will - es klingt verdammt präsidial.

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