■ TU-Präsident plant Amputation: Nicht ärgern
Der Mann hat kein taktisches Geschick. Sonst würde Präsident Dieter Schumann nicht mitten im laufenden Semester seinen Plan vorstellen, der TU mit den Geisteswissenschaften und der Lehrerausbildung das Spielbein zu amputieren. So bekommt Schumann sofort den geballten Zorn von Studierenden und Dozenten zu spüren. Die TU auf ihren technik- und naturwissenschaftlichen Kern zusammenzuschmelzen ist eine Provokation. An keiner Technischen Universität in Deutschland hat es in den vergangenen Jahren so viele kluge Reformprojekte gegeben, die Schranken zwischen den Disziplinen zu überwinden. Wenn künftig Geistes- und Sozialwissenschaften nur noch als Anhängsel der Technikdisziplinen übrigbleiben, so wird das Milieu austrocknen, aus dem solche Initiativen erwachsen. Dann kann sich die TU geisteswissenschaftliche Fachrichtungen ganz sparen. Sie machen nur Sinn, wenn sie ein Gegengewicht zu der ohnehin dominanten Ingenieursausbildung sind.
Dennoch gibt es keinen Anlaß, sich zu ärgern. Schumanns Provokation stößt eine richtige Debatte an und könnte den Blick dafür schärfen, welchen Auftrag diese Universität eigentlich hat: geistes- und technikwissenschaftliche Ausbildung zu verknüpfen. Da klaffen an der TU zwischen Anspruch und Wirklichkeit große Lücken. Schumanns Vorstoß könnte das Gegenteil dessen bewirken, was er beabsichtigt – vorausgesetzt, die Reformkräfte nutzen die Chance, stellen ein eigenes Konzept vor und prüfen Schumanns Pläne genau. Seine Vorstellungen, in Fächern wie Mathematik, Physik oder Betriebswirtschaft die Grenzen zwischen den drei Berliner Unis aufzuheben, klingt nicht abwegig. Es ist nicht zuletzt ein Angriff auf die Kleinkariertheit der FU, die dabei ist, Studierenden anderer Universitäten den Zugang zur FU zu erschweren. Winfried Sträter
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