TROTZ REKORDGEWINNEN LÄSST BP IN ALASKA SEINE PIPELINES VERGAMMELN : Knirschen in der Ölleitung
Viele Zahlen begleiten die Berichterstattung über die lecke Pipeline des britischen Ölkonzerns in Nordalaska. Fünf Tage dauert es, das Ölfeld zu schließen, 400.000 Barrel Öl kommen weniger auf den Markt. Acht Prozent der US-Ölförderung fallen weg und 0,5 Prozent der täglichen Weltproduktion. Der Ölpreis stieg um über zwei Dollar. Denn wer weiß, wo es in den insgesamt drei Millionen Kilometern Ölleitungen, die rund um die Welt laufen, noch so knackt und kracht.
Dennoch belief sich der Quartalsgewinn, den BP vor knapp zwei Wochen vermeldete, auf 6,1 Milliarden Dollar. Das ist, wohlgemerkt, der Gewinn innerhalb von drei Monaten.
Man kann das als gerechtfertigte Belohnung des unternehmerischen Risikos sehen, denn schließlich muss BP lange suchen und bohren, bis es ein Ölfeld ausbeuten kann. Dennoch: Wenn eine Firma so viel Geld verdient, muss sie sich fragen lassen, warum sie ihre Pipelines in Alaska vergammeln lässt. Dabei muss man ja nicht gleich nach doppelwandigen Röhren rufen, die zwar teurer, aber dafür viel sicherer sind. Nach Expertenmeinungen können auch normale Pipelines bis zu 100 Jahre alt werden, wenn sie mit moderner Technik regelmäßig gewartet und gegebenenfalls repariert werden.
Doch Pipelines im Ölfeld Prudhoe Bay sind nach noch nicht mal 30 Jahren so marode, dass BP vorsichtshalber die ganze Produktion herunterfährt.
Aufgefallen ist das nur, weil die US-Behörden wissen wollten, wie im März knapp eine Million Liter Öl in die kanadische Tundra laufen konnten. Vielleicht, weil die Pipeline seit 14 Jahren nicht mehr gereinigt wurde, wie BP jetzt kleinlaut einräumt? Denn beim Putzen wären die rostigen Stellen bestimmt aufgefallen. Jetzt bleibt dem Konzern nichts anderes übrig, als neue Pipelines zu legen.
Das kostet Geld. BP hatte bereits Ende Juli angekündigt, dass zusätzlich zu den geplanten Investitionen in den kommenden vier Jahren eine Milliarde Dollar in die Verbesserung der Sicherheit von US-Raffinerien und Pipelines gesteckt werden soll. Macht 250 Millionen pro Jahr. So viel verdient BP in dreieinhalb Tagen. STEPHAN KOSCH