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Archiv-Artikel

TOBIAS MÜLLER ÜBER DIE WAHL IN DEN NIEDERLANDEN UND DIE EU „Europa ja, aber“-Mentalität

Aufatmen – das ist auf jeden Fall der Tenor in Berlin, wenn am Tag nach den Parlamentswahlen in den Niederlanden das dortige Ergebnis analysiert wird. Alle Europa-Gegner haben verloren – Wilders, der den Austritt aus EU und Eurozone fordert, der Sozialist Roemer, der Brüssel in provozierendem Ton ankündigte, eine etwaige Neuverschuldungsbuße nicht zu bezahlen. Stattdessen Gewinne für die proeuropäischen Democraten66, und ein überwältigender Sieg für VVD und PvdA – auch sie sind Europäer.

Zweifellos eint die Wahlsieger in Den Haag ihr deutliches Ja zur EU. Inhaltlich gibt es jedoch große Unterschiede. Während die Sozialdemokraten die Neuverschuldungskriterien nicht in Stein gemeißelt sehen und bei der Haushaltssanierung den sozialen Kontext im Auge behalten wollen, predigen die Marktliberalen strikte Austerität im Merkel’schen Sinn.

Für den alten und wohl auch neuen Premier Rutte geht der Blick nach Europa über Berlin. Der Sozialdemokrat Samson mahnte kurz vor den Wahlen dagegen an, die französische Linie nicht zu vernachlässigen. Diese Richtungsfrage wird die niederländische Europapolitik noch beschäftigen.

Ein Blick in das Wahlprogramm der VVD offenbart eine „Europa ja, aber“-Mentalität. „Nicht mehr Europa, sondern ein funktionierendes“, heißt es dort. Die EU soll effizienter sein mit weniger Geld, niederländische Beiträge will man senken, neue europäische Gesetze vorher in Den Haag auf ihre Notwendigkeit prüfen, etwaige „überflüssige“ zurücknehmen.

Ja: Die „Europafeinde“ haben verloren. Doch wer kein Feind ist, kann noch immer ein Skeptiker sein. Aber auch damit ist Den Haag, kontinental gesehen, in guter Gesellschaft. Beziehungsweise in schlechter.

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