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TERRORISMUSBERICHT DER USA: SCHULNOTEN FÜR DIE WELT-KLASSELehrers Liebling ohne Strafandrohung

Der neue Bericht des US-Außenministeriums über den internationalen Terrorismus sagt mehr über die Weltsicht der US-Regierung aus als über den Terrorismus. Der Bericht folgt dem Satz des US-Präsidenten George W. Bush, alle Welt habe die Entscheidung, entweder auf Seiten der Terroristen oder der USA zu stehen – und wie im Schulzeugnis findet positive Erwähnung, wer sich in der US-geführten Koalition gegen den Terror bewährt hat, und Tadel, wer als unsicherer Kandidat gilt.

Befände sich die US-Regierung nicht in einer einzigartigen militärischen und politischen Machtposition, könnten große Teile des Berichts als recht uninteressante, meist aus Medienberichten gespeiste Fleißarbeit abgelegt werden. Doch ein „ungenügend“ in diesem Zeugnis bedeutet für die betroffenen Regierungen unmittelbare Gefahr, ins Visier der Anti-Terror-Krieger zu geraten. Die politischen Vorgaben, denen die Bewertungen insbesondere der als „staatliche Sponsoren von Terrorismus“ eingestuften sieben Länder folgen, sind recht simpel: Während etwa im Falle Kubas die bloße Anwesenheit einiger ehemaliger ETA- und IRA-Kämpfer und ein paar kriegskritische Äußerungen Fidel Castros zum Beweis der staatlichen Förderung des Terrorismus genügen, reicht im Falle des US-Verbündeten Saudi-Arabien nicht einmal der Hinweis auf Fundraising-Aktivitäten islamistischer Terrorgruppen, um die überaus positive Bewertung des Landes zu verändern.

Es ist die Eigenart solcher Texte wie des Drogen- oder jetzt eben Terrorismusberichtes, dass sie gleichzeitig aktuelle politische Diskurse der US-Regierung verstärken, etwa gegenüber dem Iran und dem Irak, aber auch dazu genutzt werden können, sich im Falle veränderter politischer Konstellationen und außenpolitischer Sympathien ebenfalls auf die festgehaltenen Erkenntnisse zu berufen. Der Bericht, obwohl offiziell eine Information des Außenministeriums an den US-Kongress, erfüllt seine Funktion vor allem in der Wirkung nach außen. Er unterstreicht den Anspruch der US-Regierung, darüber zu entscheiden, wer zur Anti-Terror-Koalition – ergo zur zivilisierten Welt – dazugehören darf und wer nicht. Gepaart mit der militärischen Fähigkeit und dem erklärten Willen der US-Regierung, gegen alles Unliebsame gegebenenfalls auch militärisch vorzugehen, entfaltet der Bericht ein enormes Druckpotenzial.

Dazu passt, dass er mit keinem Wort auf Ursachen der Entstehung terroristischer Bewegungen eingeht. Der Krieg gegen den Terror entpuppt sich einmal mehr als globales Disziplinierungsinstrument der US-Regierung. BERND PICKERT

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