TELEKOM-KRISE: DIE BUNDESREGIERUNG PASST NICHT AUF IHREN BESITZ AUF: Teure Interessenkonflikte
Die Bundesregierung passt nicht richtig auf ihren Besitz auf, so ein interner Bericht des Bundesrechnungshofes. Der niedrige Kurs und offene Fragen in der Bilanz der Deutschen Telekom AG, an der der Bund noch 43 Prozent der Aktien hält, seien ein „unkalkulierbares Haushaltsrisiko“.
In der Tat kommen Beobachter schon seit längerem ins Grübeln angesichts der Telekom-Misere. Die T-Aktie fällt stärker als der europäische Branchendurchschnitt – und jeder Euro weniger am Kurs kostet den Bund 2 Milliarden Euro. Der Finanzminister sollte deshalb ein argwöhnisches Auge auf die Geschäftsführung der Telekom haben. Doch die Kontrolle scheint sehr lasch: Da will der T-Vorstand über 30 Milliarden Euro für den kleinen US-Mobilfunkanbieter Voicestream bieten, und der von der Bundesregierung dominierte Aufsichtsrat genehmigt es. Da werden Kooperationen unter anderem mit der France Télécom vermasselt oder Immobilien in der Bilanz aufgeblasen bewertet, und es bleibt folgenlos für die Vorstände der Telekom.
Das Abnicken könnte an einem Interessenkonflikt liegen: Die Bundesregierung hat eine jährliche Dividende von der Telekom eingeplant, da dürfen nicht allzu große Löcher in der Bilanz aufgedeckt werden. Und die Genehmigung für die sündhaft teuren Mobilfunklizenzen konnte Eichel auch schlecht ablehnen – schließlich strich er 100 Prozent der UMTS-Milliarden ein und verteilte sie zum Teil gleich wieder an Bundesländer und Wähler.
Überhaupt, die Wähler: Im September sollen sie ja ein Kreuzchen machen. Das ist derzeit die Jobgarantie für Ron Sommer, da er von der Kohl-Regierung eingesetzt wurde und die folgende rot-grüne Regierung ihn gewähren ließ. Da drücken Regierung und Opposition lieber beide Augen zu, anstatt dem Telekom-Vorstand endlich die Pistole auf die Brust zu setzen. Denn es steht nicht nur das Geld der T-Aktionäre auf dem Spiel. Die schlechten Ergebnisse zwingen die Regierung zu weiteren Sparmaßnahmen. Das ist kein „unkalkulierbares“, sondern ein leider genau kalkulierbares Risiko für den Haushalt und damit die Bürger. REINER METZGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen