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Archiv-Artikel

Symptombekämpfung

betr.: „Klassenfahrt zum Mond“ (Abiturienten wollen nicht mehr Lehrer werden. Die Kultusminister wollen das Problem mit einer Imagekampagne lösen), taz vom 19. 11. 03

Es stellt sich die Frage, ob es durch eine solche Imagekampagne attraktiver wird, eine langwierige Ausbildung auf sich zu nehmen, die an den wirklichen Anforderungen des Berufes vorbei geht, um sich im Anschluss daran an einer maroden, schlecht ausgestatteten Schule wiederzufinden, in welcher es schlicht und ergreifend unmöglich ist, Kindern das zu vermitteln, was sie wirklich brauchen.

Wenn auf die Bildung von Kindern wirklich so viel Wert gelegt werden würde, wie diese Werbeplakate versuchen zu suggerieren, müssten dann nicht mit dem gesamten Bildungswesen anders umgegangen und die Prioritäten entsprechend gesetzt werden? Stattdessen wird wieder einmal mehr die allseits beliebte Symptombekämpfung praktiziert. Optimale Förderung von Heranwachsenden ist eben etwas riskant, denn es könnten dabei so etwas wie Freidenker herauskommen, die unter Umständen unbequem werden. Der „Staat“ hingegen braucht aber eher so etwas wie Fachidioten, die täglich brav ihre Arbeit verrichten, Steuern zahlen, glauben, was in der Zeitung steht und ja nicht aufmucken. Jedenfalls werden es wohl die wenigsten über das derzeitige Bildungswesen bis zum „Mond“ schaffen, geschweige denn zu sich selbst. MATTHIAS KLEIN, Saarbrücken

Der Staat wird einen Lehrermangel haben? Wäre wirklich schön! Ich studiere an einer Pädagogischen Hochschule (PH) in Baden-Württemberg (BW) Lehramt. Bei uns ist es so, dass die PH zu 140 Prozent belegt ist und uns mittlerweile sogar langsam schon von PH-Seite eröffnet wird, dass ca. 50 Prozent der Studenten später keinen Job erhalten werden. Woran liegt es?

Vermutlich daran, dass es der Bundesregierung wichtiger erscheint, Werbung zu machen, als das Geld sinnvoller und effektiver in die Schulen zu stecken. In BW werden immer mehr Lehrerstellen abgebaut, die Deputate erhöht, die Klassen immer größer (ca. 30 bis 34 Schüler pro Klasse sind eher die Regel als die Ausnahme), das Abitur in zwölf Jahren eingeführt und an der Ausstattung gespart. Gleichzeitig sollen aber Ganztagsschulen, über deren Sinn und Zweck ich an dieser Stelle gar nicht streiten mag, eingeführt werden. Freuen würde es mich allerdings schon, wenn wenigstens das Image der Lehrer durch diese Aktion aufgebessert würde. […] MARIO SEWCZ, Karlsruhe