Svenja Bergt über persönliche Daten im Netz: Absehbarer Missbrauch
Facebook zeigt gerade, warum Datensparsamkeit so wichtig ist. Was, Facebook, sagen Sie jetzt, dieses Unternehmen, das man nicht einmal mehr altmodisch als Datenkrake bezeichnen kann, weil Kraken ja traditionell 8 Arme haben, Facebook aber eher so 800? Facebook, von dessen Nutzer:innen wieder mal Daten, diesmal Telefonnummern, im Netz aufgetaucht sind, unverschlüsselt, 420 Millionen? Facebook, das es in den vergangenen Jahren geschafft hat, gefühlt jede Woche mit einem neuen Datenskandal aufzutauchen, sodass alle nur noch genervt abwinken? Ja, genau das.
Der aktuelle Fall wurde vermutlich durch eine mittlerweile abgeschaltete Funktion möglich, die es erlaubte, Bekannte mithilfe ihrer Telefonnummer zu finden. Und die eben auch von Dritten genutzt wurde, um massenhaft Daten abzugreifen. Was zeigt: Daten, die gesammelt werden, werden missbraucht. Die Frage ist weniger, ob, sondern eher, wann. Es mag hart und unfair erscheinen, das so zu sagen, denn schließlich gibt es haufenweise Datensammlungen, bei denen ein Missbrauch zumindest nicht dokumentiert ist. Aber der Punkt ist: Missbrauch ist auch schon eine Nutzung, von der die Betroffenen nichts wissen. Ja meist nicht einmal wissen, dass sie überhaupt Daten hinterlassen. Und dabei geht es häufig um sehr Sensibles.
So hat die Organisation Privacy International diese Woche einen Report veröffentlicht, in dem sie erfasst, wie Nutzer:innen auf Webseiten über Depressionen getrackt werden – zum Beispiel von Drittanbietern, die möglichst maßgeschneiderte Werbung zur Verfügung stellen wollen und dafür das Surfverhalten auswerten. Und das zeigt nur einen kleinen Ausschnitt des Problems: Da gibt es die große deutsche Klinik, auf deren Webseite die Google-Suche eingebunden ist. Die Gesundheitsapp, die das Klickverhalten der Nutzer:innen auswerten lässt. Die Physiotherapie-Praxis, die Videos über den US-Anbieter Vimeo bereitstellt. Der Aufwand für Nutzer:innen, sich zu schützen, nimmt damit ebenso zu wie der Fatalismus. Und schafft so ein Umfeld, in dem es Datensammler noch einfacher haben.
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