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Sven Hansen zum Kompromiss zwischen Nord- und SüdkoreaBedauerlicher Status quo

Wie viel Bedauern ist schon eine Entschuldigung? Südkoreas Antwort auf diese Frage fiel bei den Krisengesprächen mit Nordkorea pragmatisch aus. Seoul hatte von Pjöngjang eine Entschuldigung für das als Provokation gewertete Verlegen von Minen verlangt. Die hatten zwei südkoreanische Soldaten auf ihrer Seite der Grenze verstümmelt. Deshalb nahm Südkorea seine propagandistische Lautsprecherbeschallung über die Grenze wieder auf, was den Norden provozierte. Die Zeichen standen auf Konfrontation. Es gab erste Schusswechsel, zum Glück noch ohne Opfer.

Nach zähen Verhandlungen haben beide Seiten jetzt einen gesichtswahrenden Kompromiss gefunden. Südkorea bekam eine vage Äußerung des Bedauerns, die es als Entschuldigung werten konnte. Schon ein „Sorry“ aus Pjöngjang ist eine Sensation. Umgekehrt stellte der Süden seine grenzüberschreitende Lautsprecherpropaganda wieder ein, die ohnehin kaum wirksam sein dürfte. Zudem vereinbarten beide Seiten weitere Gespräche.

So irrational das Verhalten meist des Nordens erscheint, so hat sich erneut gezeigt, dass dessen Regime als Meister des Spiels mit dem Feuer letztlich rational handelt. Leider gibt es kaum Gründe, die aus Sicht des Regimes für eine dauerhafte Entspannung mit dem Süden sprechen. Denn alle Szenarien laufen darauf hinaus, dass Reformen zur Auflösung des Regimes führen. Hinzu kommen geostrategische Interessen an der Beibehaltung des Status quo: Solange die USA und China Rivalen sind, hat Peking an einem Pufferstaat zu den US-Truppen in Südkorea Interesse.

Wie sich auch jetzt wieder gezeigt hat, braucht niemand eine ernsthafte Eskalation. Doch eine fortgesetzte handhabbare Instabilität kennt mehrere Nutznießer. Deshalb dürfte sich trotz der jetzigen Einigung auf weitere Gespräche auf der koreanischen Halbinsel so bald nichts grundsätzlich ändern.

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