■ Surfbrett: Die digitale Synagoge von Dresden
Die jüdische Gemeinde von Dresden hat sich Großes vorgenommen. Seit 1998 wird an einer neuen Synagoge gebaut. Entworfen haben das kühne, nach außen verschlossen abweisende Gebäude die Architekten Wandel, Höfer Lorch und Nikolaus Hirsch. Sie müssen sich an einem Meister seiner Zeit messen. Die Synagoge, für deren Zerstörung im Jahr 1938 die Juden von Dresden auch noch bezahlen mussten, ist von Gottfried Semper gebaut worden. Etwa 20 Millionen Mark soll der Neubau, ein schroffes Zeichen des Überlebens, kosten. Noch fehlen aber 9,5 Millionen Mark. Darum kümmert sich der Förderverein „Bau der Synagoge Dresden e.V.“ sowohl mit Veranstaltungen und Werbung von Sponsoren als auch im Web unter www.synagoge-dresden.de. Zu sehen sind vor allem die Architekturentwürfe. 100.000 Mark ließ sich die Münchner „vr-systemlabs“ eine Virtual-Reality-Version der Architektenmodelle kosten. Seit August ist die neue Synagoge von Dresden daher digital in gewisser Weise öffentlich betretbar, was den Webmaster Doktor Herbert Lappe von der Jüdischen Gemeinde nun doch etwas ins Grübeln brachte. Er fragt sich: „Müssen männliche Besucher auch beim Betreten einer virtuellen Synagoge eine Kopfbedeckung (Kipa) tragen? Müssen auch dann zehn Männer (Minjan) anwesend sein, wie es das Judentum vorschreibt, wenn aus den Thorarollen im virtuellen Raum gelesen wird? Und wird das religiöse Gebot verletzt, dass man am Sabbat (von Freitagabend bis Samstagabend) keine größeren Wege selbst zum Besuch der Synagoge zurücklegen darf, wenn diese sich möglicherweise sehr entfernt, auf irgendeinem Server irgendwo in der Welt, befindet?“ Zugänglich ist die digitale Simulation jederzeit, die richtigen Antworten auf die religiösen Probleme müssen noch gefunden werden. Beruhigend findet Lappe indessen, dass die eigenen vier Wände ja in keinem Fall verlassen werden müssen. Und natürlich hofft er, dass sich durch diesen Einsatz der allermodernsten Technik neue Förderer gewinnen lassen.
Bei technischen Schwierigkeiten, die sich bei VRML-Programmen nie gänzlich ausschließen lassen, möge man sich getrost an hlappe@cnow.de wenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen