Sündenbocksuche bei der IKB: Keiner will´s gewesen sein
Auf der Hauptversammlung der IKB: Vorstand und Aufsichtsrat wollen von der Krise überrascht worden sein und versuchen, die Schuld auf die Exmanager abzuwälzen.
DÜSSELDORF taz Verantwortung - nein, danke: Der Aufsichtsrat der angeschlagenen IKB Deutsche Industriebank AG will von den existenzbedrohenden Geschäften des Mittelstandsfinanzierers nichts gewusst haben. "Die Krise hat uns ebenso überrascht wie Sie", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Hartmann gestern bei der Hauptversammlung der Bank. Für seinen Satz "Wir hatten keine Chance, das Risiko zu erkennen und die Existenzkrise abzuwenden" wurde der ehemalige Eon-Chef von rund 1.000 Investoren in der Düsseldorfer Stadthalle aber ausgelacht.
Die ehemals als solide geltende IKB hat sich mit milliardenschweren Hypotheken für US-Schrottimmobilien verspekuliert. Über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Hauptaktionär musste der Bund die Bank mit drei Hilfspaketen vor der Pleite retten. Insgesamt flossen über acht Milliarden Euro.
Mit Fassungslosigkeit reagierten Aktionärsvertreter auf die Katastrophe. "Es ist unbegreiflich, wie eine einst grundsolide Bank für den Mittelstand derart verzockt werden konnte", so Franz-Richard Schmitz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Sie haben aus einem Witwen- und Waisen- ein Zockerpapier gemacht", warf Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung institutioneller Privatanleger Aufsichtsrat und Vorstand vor. Der Kurs der IKB-Aktie ist seit Sommer von über 30 auf 4,22 Euro eingebrochen.
Aufsichtsratschef Hartmann, wie auch der amtierende IKB-Vorstandsvorsitzende Günter Bräunig versuchten sämtliche Verantwortung auf den ehemaligen Vorstandssprecher Stefan Ortseifen und Exfinanzchef Volker Doberanzke abzuwälzen. Die Aufsichtsräte seien von den beiden Exvorständen, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt, erst am 27. Juli 2007 über die Schieflage des Mittelstandsfinanzierers informiert worden. Schon am 30. Juli musste die Bank in einer spektakulären nächtlichen Aktion erstmals von seinem KfW-Hauptaktionär gestützt werden. Aktionärsvertreter verwiesen dagegen auf die Fachzeitschrift risk, die schon 2004 vor den Risiken der IKB-Zweckgesellschaft Rhineland Funding hingewiesen hatte.
Um die Bank zumindest vorläufig zu retten, warben Hartmann und IKB-Chef Bräunig für eine Kapitalerhöhung, die hauptsächlich von der KfW getragen werden und weitere 1,25 Milliarden Euro bringen soll. Die staatliche Kreditanstalt würde dann rund 90 Prozent der IKB-Anteile halten. "Wenn diese äußerst wichtige Kapitalerhöhung nicht beschlossen wird, ist das Unternehmen am Ende", beschwor Hartmann die Kleinaktionäre, die Hauptversammlung nicht durch immer neue Anträge beschlussunfähig zu machen. Für Wut sorgte besonders die Begrenzung der Redezeit auf zunächst zehn und später nur noch drei Minuten. Der Aufsichtsratschef wurde deshalb immer wieder von "Hartmann raus"-Rufen unterbrochen.
Um die Kleinaktionäre zu beschwichtigen, sprachen sich Hartmann und Bräunig auch für die von der Bundesregierung durchgesetzte Sonderprüfung aus. Die solle "volle Transparenz über das aus unserer Sicht einwandfreie Verhalten des Aufsichtsrates herstellen", so ein Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Erst danach soll das Kontrollgremium auf einer weiteren außerordentlichen Hauptversammlung entlastet werden - Steinbrücks Abteilungsleiter Finanzmärkte, Jörg Asmussen, sitzt selbst im IKB-Aufsichtsrat.
Unklar bleibt bisher, wie die KfW die Kapitalerhöhung der IKB finanzieren will. KfW-Chefin Ingrid Matthäus-Maier (SPD) verweigert weitere Zahlungen: Steinbrück müsse der Kreditanstalt mit Zahlungen aus dem Bundeshaushalt beispringen - sonst könne die KfW ihrer Aufgabe der Mittelstandsförderung nicht mehr nachkommen. Eine Pleite der IKB aber gilt in Berlin angesichts der bereits gezahlten acht Milliarden als undenkbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!