"Süddeutsche" stützt "Abendzeitung": Sie kommen sich wieder näher
Während die Zahl der Stellenstreichungen bei der "Süddeutschen Zeitung" noch offen ist, wird auf Anordnung der Besitzer erst mal die Münchner "Abendzeitung" gerettet.
Der anstehende Sparkurs beim Süddeutschen Verlag (SV) treibt auf einem kleinen Nebenkriegsschauplatz kuriose Blüten: Während über die Zahl konkreter Stellenstreichungen bei der Süddeutschen Zeitung weiter nur Spekulationen ins Kraut schießen, darf der SV gleichzeitig mithelfen, die in Schieflage geratene Abendzeitung (AZ) wieder aufzupäppeln.
"Münchner Nähe", ist das Stück in eigener Sache in der Montagausgabe der SZ betitelt, die Abendzeitung-Verlegerfamilie Friedmann wolle "sein Haus näher an den Süddeutschen Verlag rücken", heißt es da. Johannes Friedmann ist der letzte übrig gebliebene Altverleger der SZ und ist noch mit 18,75 Prozent am Süddeutschen Verlag beteiligt. Der Rest der Anteile gehört der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) aus Stuttgart. Es geht um Kooperationen im Verlagsbereich, soweit sie nach dem Kartellrecht zulässig sind - betroffen sind alle Bereiche bis auf das Anzeigengeschäft, laut SZ ausdrücklich auch die Redaktion.
Das mache allerdings wenig Sinn, sagen Insider - schließlich ist die AZ eher auf dem Boulevard zu Hause; da von der SZ Honig zu saugen, dürfte schwierig werden. Die Nachricht von der Kooperation, zu der auch ein neuer Geschäftsführer für die Abendzeitung gehört, kommt für die AZ-Mitarbeiter recht überraschend. Chefredakteur Arno Makowsky, heißt es aus der Redaktion, soll erst am Wochenende von AZ-Verleger Johannes Friedmann über den Deal und den neuen AZ-Geschäftsführer Dieter Schmitt informiert worden sein. Da stand die Meldung schon in der Abendausgabe der SZ. Nach dem Redaktionsbesuch Schmitts am Montag sagt Makowsky: "Ich habe ihn zum ersten Mal getroffen." Eine enge Zusammenarbeit der Redaktionen von AZ und SZ sei nicht geplant, so Makowsky. Schmitt soll bei seinem Auftritt in der Redaktionskonferenz am Montag aber Kürzungen im Verlag der AZ, etwa bei der EDV-Abteilung, angedeutet haben.
Der neue Mann kommt von der Verlagsgruppe Hof/Coburg/Suhl, die wie die Süddeutsche zur SWMH gehört - und die großzügige Unterstützung für Friedmann ist alles andere als selbstlos: Denn der hat eine sogenannte Put-Option, was seinen Anteil an der Süddeutschen angeht. Für rund 180 Millionen Euro dürfte er bis 2010 an die SWMH verkaufen. Doch die Stuttgarter Holding (Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Rheinpfalz, Südwest Presse Ulm) ist derzeit selber klamm und alles andere als scharf auf eine Millionenzahlung für ein Blatt, an dem sie ohnehin die Mehrheit hält. Und dessen Auflage nach einiger Zeit des Höhenfluges aktuell wieder etwas schwächelt - im dritten Quartal lag die verkaufte Auflage (429.000 Exemplare) rund 2,2 Prozent unter den Vergleichszahlen von 2008.
Der AZ-Chefredakteur freut sich immerhin auf die neue Nähe: "Ein Verkauf der AZ war schon im Bereich des Möglichen. Bei allen interessierten Käufern ist es am Kartellrecht gescheitert." Die enge Zusammenarbeit mit der SZ habe dagegen eine lange Tradition, die nun wieder aufgegriffen werde, sagt Arno Makowsky: "Ich bin ganz glücklich darüber." Die beiden Titel seien in München nun "befreundete Konkurrenten".
Bis vor exakt einem Jahr wäre die Nähe zwischen Abendzeitung und Süddeutscher allerdings sehr viel leichter herzustellen gewesen: Da waren beide Nachbarn in der Sendlinger Straße in Münchens Innenstadt zu Hause. Früher habe es sogar eine Tür zwischen beiden Zeitungshäusern gegeben, die bis in die 90er-Jahre rege genutzt wurde, erzählen Ehemalige. Dann war zunächst Schluss mit der Kooperation - der Durchgang wurde abgeschlossen.
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