Suchmaschine des Microsoft-Konzerns: "Kumo" soll Googles Allmacht beenden
Bislang konnte der Softwarekonzern Microsoft dem Konkurrenten Google kaum Marktanteile abnehmen. Die Suchmaschine "Kumo", die Bilder und Texte kombiniert, soll es das ändern.
BERLIN taz Microsoft hat es nach wie vor nicht einfach im Netz. Der Softwareriese, der mit Betriebssystem (Windows) und Büroprogrammen (Office) nach wie vor ein äußerst einträgliches Geschäft macht, konnte sich im so wichtigen Suchmaschinengeschäft bislang gegenüber Konkurrenten wie Google und Yahoo nicht durchsetzen - kein Wunder deshalb, dass Firmenchef Ballmer im vergangenen Jahr aggressiv versuchte, letzteren Portalriesen für einen hohen Milliardenbetrag zu übernehmen.
Nun hat sich Microsoft entschieden, sein Schicksal im Netz in die eigenen Hände zu nehmen. Das Unternehmen arbeitet an einer neuen Suchmaschine namens "Kumo", die die bislang nur auf Platz 3 im weltweiten Ranking liegende "Live Search" ersetzen könnte. Details und ein entsprechendes internes Memo erreichten in dieser Woche das "Wall Street Journal". Das Konzept sieht vor, die Internet-Suche multimedialer zu gestalten.
Ein Design aus drei Spalten soll ein schnelles Umschalten zwischen verschiedenen Ergebnisarten ermöglichen. Wer nach einem Hifiprodukt sucht, erhält so beispielsweise Kategorien wie Bilder, Tests, Handbücher und Preise angezeigt und kann sich so durch verschiedene Informationsarten klicken. Will der Nutzer mehr über eine Sängerin erfahren, wird auch dies angepasst: Kumo soll dann automatisch Kategorien wie Alben, Künstlerbiografie oder Ticketkauf generieren. Dabei setzt Microsoft auf eine so genannte semantische Einordnung der Inhalte: Die Suchmaschine erfasst nicht nur Text, sondern soll auch deren Konzepte verstehen. Microsoft hat kürzlich eine Spezialfirma für diesen Themenbereich, Powerset, übernommen - offenbar soll deren Technik in Kumo integriert werden.
Noch ist das neue Suchangebot nicht öffentlich zugänglich. Aktuell wird es nur intern getestet und Microsoft kommentierte es bislang noch nicht. Mit einer Freischaltung für einen Beta-Test wird dementsprechend frühestens Ende 2009 gerechnet, möglicherweise auch erst später.
Microsoft ist nur der jüngste Anbieter, der einmal mehr probiert, Googles extreme Vormachtstellung zu knacken. Von kleinen Neugründungen bis hin zur europäischen Gemeinschaft wird versucht, dem Online-Riesen, dessen Marktanteil etwa in Deutschland seit Jahren bei über 80 Prozent liegt, Nutzer abzunehmen.
Allein: Gelungen ist das bislang noch nie. Nicht, dass es keine innovativen Konzepte gab und gibt. So versucht Wikia Search, eine kommerzielle Gründung des Wikipedia-Erfinders Jimmy Wales, die Nutzer selbst für die Optimierung von Suchergebnissen einzusetzen und damit einen Wiki-ähnlichen Mitmachansatz zu etablieren. Bislang reichte die Qualität der Inhalte allerdings nicht aus, um genügend Nutzer anzulocken.
Cuil, ein Start-up, das 2008 mit großem Brimborium und der Ankündigung ins Netz ging, mehr Websites zu erfassen als Google, scheiterte zunächst kläglich an technischen Problemen. Innerhalb der EU versuchte man wiederum mit dem deutsch-französischen Quaero-Projekt ab 2005 eine hiesige Lösung für das Suchmaschinenproblem zu schaffen. Ergebnis: Man zerstritt sich wenig später und die Franzosen machen inzwischen alleine weiter, in Deutschland konzentriert man sich dagegen auf das Business-orientierte "Internet der Dienste". Die im Quaero-Umfeld entstandene Pariser Suchfirma Exalead lieferte zwar interessante Ideen, ist aber außerhalb Frankreichs nahezu unbekannt.
Dabei könnte Google durchaus starke Konkurrenz vertragen - und das nicht nur aus patriotischen Gründen und der damit einhergehenden Angst, dass eine US-Firma einen derart wichtigen Zukunftsmarkt dominiert. Zwar steigert der Onlineriese seit Jahren seine Ergebnisqualität weiter (inzwischen werden aktuelle Websites nahezu in Echtzeit erfasst) und experimentiert mit neuen Technologien, ergänzt Dienste und baut eine Portalstruktur auf. Doch die Grundidee des Suchfeldes mit anschließender Ergebnisliste ist seit über zehn Jahren, im Internet-Zeitalter eine echte Ewigkeit, unverändert geblieben. Versuche, unterschiedliche Ergebnistypen wie Bilder, Texte und Videos miteinander zu vermischen, unternimmt Google nur zögerlich, um die von den Nutzern erwartete "Bedienerfahrung" nicht zu zerstören. Immerhin lassen sich inzwischen Ergebnisse personalisieren, wenn man sich vorher bei Google angemeldet hat; viele Nutzer unterlassen das allerdings, weil sie sich vor der Datensammelwut des Konzerns fürchten.
Innovationen im Suchmaschinenbereich gab es in der Forschung in den letzten Jahren viele. So macht etwa die Bild- und Spracherkennung enorme Fortschritte. Die Tonspur von Videos kann inzwischen digitalisiert und durchsuchbar gemacht werden, Mustererkennungsalgorithmen helfen dabei, ähnliche Filme oder sogar bekannte Personen oder Orte in einem Video miteinander abzugleichen. Bei Google werden diese Ideen derzeit noch fein dosiert eingeführt. So kann die Bildsuchmaschine Images mit einem Klick zwischen Gesichtern, Zeichnungen und Fotos unterscheiden. Eine echte Revolution beim Suchen steht dagegen noch aus.
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