die taz-empfehlung : Suche nach Läuterung
Mancher hat ihm Egoismus vorgeworfen. Andere haben ihn bewundert für für seinen radikal subjektiven Stil, für seine mit Fiktion angereicherten Reportagen – kurz: für den amerikanischen New Journalism, den – angeblich – er nach Europa brachte. Auf den Weg nach Indien hat sich der Autor und Journalist Helge Timmerberg für sein neues Buch „Shiva Moon“ begeben. Läuterung hat er gesucht – und sogar Gott Shiva gebeten, ihm nach Jahrzehnten rastlosen Reisens endlich Stille zu bescheren.
60 Prozent der Erde hat Timmerberg, der einst für Tempo wirkte und heute für Bild und Zeit gleichermaßen schreibt, schon bereist, seine Wohnung nennt er „Basislager“. Mit 50 bittet er den Ganges, seine Füße „endlich stehen zu lassen“. Doch so recht will das nicht gelingen, wenn auch Timmerberg natürlich nicht exakt jene 2.500 Kilometer erkundet, die der Ganges durchwandert. Trotzdem: Die Quelle, die Stadt Varanasi, in der die Hindus die Asche ihrer Verstorbenen dem Fluss übergeben, und andere markante Stätten hat er aufgesucht, hat „Bettler, Mönche, Bengalen“ beäugt.
Typisierungen scheut Timmerberg nicht. Auch gelingt ihm echte Versenkung nicht: Nur wenige Zeilen trennen sein Gebet vom Gedanken an den nächsten Joint. Was nicht abschreckend gemeint sein soll, bleiben Timmerbergs Texte doch stets überraschend: Um „die letzten Fragen der Menschheit“ habe er sich stetig gekümmert, hat er einmal gesagt. Und siehe: „Erst, als ich sie alle, alle gelöst hatte, ging auch für mich das Feiern los.“ PS
heute, 20 Uhr, Literaturhaus