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■ QuerspalteStütze statt Drogen

Amerika ist dufte und jeder seines Glückes Schmied. Klassenbeschränkungen wie in Deutschland, wo kluge Menschen wie Lothar Matthäus nie eine Chance haben, auch nur Landtagsabgeordneter zu werden, gibt es dort nicht. Charles Barkley vom Dream Team etwa hat sehr gute Aussichten, demnächst Alabamas Gouverneur zu werden, einem Bundesstaat übrigens, in dem viele Politiker dafür plädieren, Strafgefangene wieder in den Steinbruch zu schicken oder in Fußketten zu legen. In Wisconsin stellt man jugendliche Delinquenten an den Pranger mit Schildern, auf denen steht: „Ich bin ein Dieb.“ In New Hampshire versuchen konservative Abgeordnete, die öffentliche Prügelstrafe einzuführen.

Florida und Kalifornien geben mehr Geld für den Strafvollzug als für das Bildungswesen aus und unterstützen aus Gründen der politischen Korrektheit damit vor allem junge Schwarze: Jeder dritte zwischen 20 und 29 ist derzeit hinter Gittern oder auf Bewährung. Wenn ähnliches etwa aus Kuba bekannt werden würde, wär' das Geschrei groß, doch sind die USA wie gesagt ziemlich klasse und setzen auch mit ihrer neuen Sozialgesetzgebung „Maßstäbe nicht nur für das Land, sondern für die Welt“.

Ökonomisch macht es unglaublich viel Sinn, daß jeder künftig nur noch fünf Jahre in seinem Leben Sozialhilfe beziehen darf, schließlich liegen die Sozialhilfeausgaben bei astronomischen 1 Prozent des Etats. Auch kann es ja nicht angehen, alleinerziehenden Müttern einen schönen „Lebensstil“ (FAZ) zu finanzieren. Vorschläge, Sozialhilfeempfänger mit einem Schild zu versehen, auf dem „Schmarotzer“ steht, werden noch geprüft.

Da es – wie früher in der DDR – vor allem um die Durchsetzung alleinseligmachender Ideologien geht, hat ab sofort auch jeder, der mal wegen Drogensachen verurteilt worden ist, keinen Sozialhilfeanspruch mehr. Irgendwie ist das schön, betrifft das doch idealiter sämtliche amerikanische Helden und fördert den amerikanischen Traum einer Gesellschaft jenseits der Gesellschaft. Detlef Kuhlbrodt

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