Studie zur Situation von Doktoranden: Nicht alle sind chronisch pleite
Eine neue Studie zeigt: Doktoranden verdienen nicht schlechter als andere Absolventen. In den Sozialwissenschaften und in Geschichte ist jeder Fünfte armutsgefährdet.
BERLIN taz | Der Weg zum Doktortitel ist steinig: Lange Jahre schreibt man im stillen Kämmerlein, den Doktorvater sieht man alle paar Monate flüchtig und auf dem Konto herrscht ständig Leere – so jedenfalls sieht das Klischee des Promovierenden aus.
Eine neue Studie des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung bricht nun mit dem Bild: Längst nicht alle Doktoranden leben so prekär, wie oft vermutet. „Die Lage der Doktoranden unterscheidet sich sehr stark zwischen den Fächern“, sagt Anna Fräßdorf, Mitautorin der Studie.
Vereinfacht kann man sagen: In den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern leben Doktoranden recht auskömmlich, in den Sozial- und Geschichtswissenschaften liegt das verfügbare Einkommen der Doktoranden dagegen oft unterhalb der statistischen Armutsgrenze, die in Deutschland bei 826 Euro an verfügbarem Einkommen verläuft: 15 Prozent der Promovierenden in den Sozialwissenschaften und 20 Prozent der Geschichtsdoktoranden gelten demnach als „armutsgefährdet“.
Doktoranden in den Fächern Elektrotechnik und Informatik erzielen häufig vergleichsweise hohe Einkommen: Zwei Drittel von ihnen verfügen über mehr als 1.400 Euro monatlich. In Geschichte und Sozialwissenschaften haben nur rund ein Fünftel der Doktoranden ein Einkommen über 1.400 Euro. Im Vergleich zu Absolventen, die nach ihrem Abschluss keinen Doktor anstreben, stehen Promovierende finanziell nicht schlechter da.
Mit dem Doktorvater zufrieden
Die Einkommensunterschiede zwischen den Fächern sind unterschiedlichen Promotionskulturen geschuldet: So promovieren Biologen, Physiker und Elektrotechniker besonders häufig auf einer vollen Stelle an den Hochschulen und Forschungsinstituten oder auch neben einem Job in der Wirtschaft.
Weiterer Pluspunkt: Die Stellen haben oft einen unmittelbaren Bezug zum Promotionsvorhaben. Anders dagegen sieht es bei den Doktoranden in den Sozial- und Geschichtswissenschaften aus: Sie finanzieren sich häufig durch Stipendien oder haben nur Teilzeitstellen in der Wissenschaft. Der Bezug der Arbeit zur Promotion ist oft lose.
Auch das Klischee von der schlechten Betreuung stimmt nur bedingt. Fast zwei Drittel der Doktoranden sind mit der Unterstützung durch den Doktorvater insgesamt zufrieden. Das Institut für Forschungsinformation und Qualitätssicherung, das als Hilfseinrichtung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) fungiert, befragt seit 2009 regelmäßig Doktoranden.
Die Befunde zur Lebenssituation sind Teil einer Studie, die im Herbst erscheint. Vorab veröffentlichten die Wissenschaftler in der Zeitschrift Forschung & Lehre Ergebnisse für die fünf Fächer Geschichte, Sozialwissenschaften, Biologie, Physik und Elektrotechnik/Informatik.
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