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Studie zur ChancengleichheitMänner sind am Drücker

Eine Studie zeigt: Die Vereinbarung zur Chancengleichheit in der Wirtschaft ist unwirksam. Opposition und Verbände fordern die neue Familienministerin zum Handeln auf.

Muss sich beweisen: Familienministerin Kristina Köhler. Bild: ap

Mit unschönen Zahlen sieht sich die neue CDU-Frauenministerin Kristina Köhler gleich zu ihrem Amtsantritt konfrontiert. Eine Studie belegt, dass sich in der Wirtschaft in Sachen Chancengleichheit von Frauen und Männern seit Jahren nichts bewegt.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit legte jetzt die Ergebnisse seiner neuen repräsentativen Betriebsbefragung von 2008 vor. Seit 2002 überprüft es nun schon zum dritten Mal, ob die freiwillige Vereinbarung zur Chancengleichheit der Regierung Schröder von 2001 Wirkung entfaltet hat. Das Ergebnis ist unerfreulich: "Seit Jahren stagnieren die betrieblichen Aktivitäten auf niedrigem Niveau", heißt es schon im ersten Satz des IAB-Berichts. 90 Prozent der befragten Betriebe in der Privatwirtschaft geben an, keinerlei Vereinbarung in dieser Hinsicht getroffen zu haben. Das ist exakt die Zahl, die schon 2002 und 2004 ermittelt wurde. Veränderung: null.

Da vor allem Großunternehmen solche Vereinbarungen abschließen, profitieren immerhin 20 Prozent der Beschäftigten davon. Die Autorinnen halten die Bilanz dennoch für "ernüchternd", weil gerade in kleineren Betrieben besonders viele Frauen beschäftigt sind. Von den Betrieben, die Vereinbarungen haben, machen die meisten Angebote für Personen in Elternzeit. Insgesamt bieten 6 Prozent Lösungen zur Kinderbetreuung an, nur 5 Prozent fördern weiblichen Nachwuchs.

Die Autorinnen sehen die Tendenz, dass nur "die Betriebe Maßnahmen zur Gleichstellung anbieten, die auf gut ausgebildete Frauen angewiesen sind". Aber auch die anderen Betriebe könnten durch solche Vereinbarungen "ihre personalpolitischen Möglichkeiten ausweiten - mit dem Ziel der Kostenersparnis und der Verbesserung des Firmenimages." Angesichts der Stagnation meint Iris Möller, Koautorin der Studie: "Es müsste wohl über verbindlichere Regelungen nachgedacht werden."

Die am Montag vereidigte neue Frauenministerin Kristina Köhler wollte sich zunächst noch nicht zu den Zahlen äußern. "Das Ministerium sortiert sich noch", hieß es. Im Koalitionsvertrag spricht die Regierung etwas nebulös von einem Stufenplan mit "verbindlichen Berichtspflichten und transparenten Selbstverpflichtungen", um den Frauenanteil in Vorständen und Aufsichtsräten zu erhöhen. Diese Pflichten sollen aber wohl vorerst auch freiwillig bleiben, wie die frauenpolitische Sprecherin der Union im Bundestag, Dorothee Bär, der taz sagte: "Gesetzliche Regelungen sind zunächst nicht geplant."

Die ehemaligen Regierungsparteien haben dafür kein Verständnis: "Unsere Erfahrungen mit Selbstverpflichtungen sind negativ. An gesetzlichen Regelungen für die Privatwirtschaft führt kein Weg vorbei", sagt Monika Lazar, frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Dem Stufenplan kann sie wenig abgewinnen: "Es wäre sehr interessant zu erfahren, was denn die nächsten Stufen des wolkigen Stufenplans sein sollen. Aber das bleibt eines der vielen Geheimnisse dieser Regierung." Auch Caren Marks, frauenpolitische Sprecherin der SPD, spricht von einem "Armutszeugnis": "Die schwarz-gelbe Koalition versperrt sich notwendigen gesetzlichen Regelungen und zeigt auch hier wieder einmal keinen politischen Gestaltungswillen."

Der Deutsche Frauenrat, der zuletzt die Forderung der Opposition nach einer 40-Prozent-Quote für Aufsichtsräte unterstützt hatte, ist ebenfalls enttäuscht. "Wir wollen endlich ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft. Unsere neue Ministerin Köhler kann an diesem Thema zeigen, dass sie nicht nur Familie, sondern auch Frauen kann," sagte die Vorsitzende des Dachverbandes der Frauenorganisationen, Marlies Brouwers, der taz. "Gleichstellungspolitik muss wieder ein eigenständiges Politikfeld werden."

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6 Kommentare

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  • S
    Spin

    Ein Carl Jung schrieb gestern um 17:02:

    "Ich bin mit der 50% Regelung einverstanden" -- hach, wie großzügig, der Carl ist ja richtig demokratisch, aber sein Gleichstellungsgemüt stellt eine Bedingung: Er möchte zwar nicht, dass dafür die Hälfte der Männer in deutlich schlechterbezahlten (bislang so gennanten) Frauenberufen wie Reinigungskraft, Schreibangstellte und Kassiererin landet. Er möchte auch nicht, dass sie als Zwangsprostituierte an brutale Billigfreierinnen über Land geschickt werden oder sonstwie als Sexarbeiter schlechtbezahlt verdingen müssen. Auch dass Männer nun 50% der Hausarbeit übernehmen, ist nicht seine Bedingung für eine Frauenquote im Vorstand, sondern, ach nee, ein Herz für das letzte benachteiligte Geschlecht: den Mann, denn Bettler!

  • CJ
    Carl Jung

    Ich bin mit der 50% Regelung einverstanden, wenn auch 50% der Müllwerker, der Stahlarbeiter, der Straßenarbeiter, der Obdachlosen, der durch Berufsunfälle beschädigten, der Soldaten und Kriegstoten, der bei Rettungsaktionen Verletzten, der Selbstmörder, der ganztags Arbeitenden, der mehr als 50km vom Wohnort Arbeitenden, der ...... weiblich sind.

     

    Ja, die Hälfte des Himmels und die Hälfte der Hölle, das ist Gleichberechtigung.

     

    Carl Jung

  • G
    Gockeline

    Frauen sind doch überall,siehe Frau Köhler als Familienministerin mit 32Jahren!

    Immer die gleiche Schallplatte läuft um Frauen auf gute Posten zu hiefen.

    Machtgail werden sie,aber zum Kinderaufziehen sind sie nicht mehr zu gebrauchen.

    Sie wollen nicht nur die besseren Jobs haben,

    sondern die Männer behandeln wie Marionetten.

    Männer steht auf und schaut mal nach in welche Ecke euch die Frauen schieben wollen.

    Männer werden umerzogen zu Heimchen am Herd,

    zu Zwittern oder nur nötiges Beiwerk.

  • H
    hilmar

    Jap, er nervt gewaltig, und für die Gleichberechtigung sehr hinderlich, da zersetzend.

    Zwangsweise Gleichstellung wollen wohl die wenigsten Bürger, mit Ausnahme gewisser Ideologen wie der Frau Oestreich.

    Und wieso zwangsweise Gleichstellung nur Oben, und nie Unten?

    Diese Politik ist auch ein Grund dafür, warum die SPD so viele Stimmen verloren hat, da absolut Weltfremd.

    Die Grünen leben ja schon auf ihren eigenen Stern :)

    Und komme mir niemand mit Skandinavien....

     

    @ von ihr name...

     

    Ihresgleichen nimmt doch niemand mehr ernst...

  • IN
    Ihr Name (notwendig)

    Oh, wo ist denn der "Quoten diskriminieren Männer"-*kreisch,pöbel,jaul*-Mob?

  • D
    Dukath

    Diese verblödete Gleichstellungspolitik nervt mich immer wieder.

     

    Vielleicht sollte man mal versuchen, den Frauen das zu ermöglichen, was sie wirklich wollen und aufhören ihnen zu sagen, was sie wollen und versuchen sie in eine Rolle zu drängen, so wie es schon seit Beginn der Zivilisation ist.

     

    Es nervt!