piwik no script img

Studie zum menschlichen Einfluss aufs WetterImmer Samstags kommt Regen

Klimaforscher sind sich sicher: Der Ausstoß künstlicher Schwebeteilchen sorgt für einen immer wiederkehrenden Wochenzyklus des Wetters - und damit in Deutschland für nasse Wochenenden.

Die Deutschen sind selbst schuld, wenn am Wochenende die Sonne partout nicht scheinen will. Vielleicht sollten sie den Aerosol-Ausstoß am Samstag steigern? Bild: dpa

Die Wetteraussichten für Samstag: nicht gerade berauschend. Es wird kühler. Vor allem im Süden und Osten Deutschlands soll es für längere Zeit regnen. Andernorts ist zumindest mit einzelnen Schauern zu rechnen, örtlich auch mit kurzen Gewittern, prognostiziert der Deutsche Wetterdienst. Kann das Zufall sein, dass es mal wieder ausgerechnet am Wochenende so lausig wird? Wissenschaftler sind überzeugt: Das kann es nicht. Nicht nur der langfristige Klimawandel ist ein menschliches Produkt, auch für das Wetter innerhalb einer Woche ist der Mensch mitverantwortlich.

Künstliche Schwebeteilchen, sogenannte Aerosole, sind es, die das Wetter beeinflussen. Zu diesem Schluss kommen die Forscher Bernhard Vogel und Dominique Bäumer. Am Institut für Meteorologie und Klimaforschung der Universität Karlsruhe werteten sie die Wetterdaten von zwölf deutschen Stationen des Deutschen Wetterdienstes aus den Jahren 1991 bis 2005 aus und stießen dabei auf ein erstaunliches Phänomen: An allen Stationen wiesen die Temperaturen einen Wochengang auf. Am wärmsten war es mittwochs, am kältesten samstags. Die Differenz betrug im Durchschnitt 0,2 Grad Celsius. Der Samstag war auch der nasseste und wolkenbedeckteste Tag der Woche. Am trockensten war es am Montag, die wenigsten Wolken zeigten sich am Dienstag, an dem erwartungsgemäß auch die Sonne länger schien - durchschnittlich eine Viertelstunde länger als samstags.

"Dieses Phänomen tritt nicht nur an Stationen in relativ dicht besiedelten Regionen wie Berlin, Frankfurt oder Karlsruhe auf, sondern auch an entlegenen Bergstationen wie auf der Zugspitze", konstatiert Bäumer. "Es handelt sich somit nicht um ein begrenztes lokales Phänomen, das beispielsweise mit direkten Wärmeemissionen erklärt werden könnte."

Zwar gibt es Wetterzyklen, aber in der Natur existiert kein Prozess, der über einen langen Zeitraum eine solche Periodizität von genau einer Woche bewirken kann. Deshalb kommen dafür nach Ansicht der Wissenschaftler nur die einem Wochenzyklus unterliegenden Aktivitäten des Menschen als Ursache in Frage.

"Alles deutet darauf hin, dass das vom Menschen erzeugte Aerosol, zum Beispiel Ruß- oder Sulfatpartikel, verantwortlich für das Phänomen ist", folgert Vogel. Diese Partikel und ihre gasförmigen Vorläufersubstanzen würden verstärkt an Wochentagen von Verkehr und Industrie emittiert, während die Emissionen samstags und insbesondere sonntags deutlich zurückgingen. "Die Aerosolbeladung in der Atmosphäre ist dann geringer."

Ihre Forschungsergebnisse publizierten Vogel und Bäumer bereits im vergangenen Jahr in der angesehenen Fachzeitschrift Geophysical Research Letters. Dort blieben sie allerdings nicht unwidersprochen. In diesem Jahr konterte Harrie-Jan Hendricks Franssen vom Institut für Umweltingenieurwissenschaften der Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich, die Hypothesen seiner Karlsruher Kollegen hielten einer statistischen Überprüfung nicht stand. Es sei vielmehr "wahrscheinlich Zufall" gewesen, dass in dem analysierten Zeitraum an den Wochenenden tatsächlich oft schlechteres Wetter herrschte.

Zum Beleg seiner These wandte Franssen zum einen die so genannte Monte-Carlo-Analyse an: Er ließ die Wetterdaten der vergangenen Jahrzehnte von seinem Computer immer wieder willkürlich durcheinander würfeln, um mögliche Unsicherheiten im Rechenmodell aufzudecken. Das Ergebnis: 15-Jahre-Zyklen mit eher schlechtem Wochenendwetter können sich genauso gut auch rein zufällig einstellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dies in den nächsten 15 Jahren umgekehrt verhielte, sei genauso groß.

Zum anderen verglich der Schweizer die Daten aus der Bundesrepublik mit hundertjährigen Zeitreihen aus Zürich und Lugano, um zu prüfen, ob auch außerhalb des deutschen Wettergeschehens die von den Karlsruhern behaupteten Mechanismen feststellbar sind. Gerade Lugano schien ihm dafür besonders geeignet, weil die europäische Smogmetropole Mailand in relativer Nähe liegt.

"Man würde erwarten, dass in Lugano aufgrund der Luftverschmutzung es einen ähnlichen Effekt geben würde", so Franssen. Das sei jedoch nicht so gewesen. An den Wochenenden seien die Niederschläge dort vielmehr sogar etwas weniger gewesen als an den übrigen Tagen der Woche. "In Lugano war von 1991 bis 2005 der Samstag der sonnigste Tag."

Das allerdings muss noch kein Widerspruch zu den Thesen von Vogel und Bäumer sein, meinen spanische Forscher. Ein Team um Arturo Sánchez-Lorenzo von der Universidad de Barcelona verglich die Wetteraufzeichnungen von 13 Stationen aus spanischen Städten wie ländlichen Regionen und dehnten später noch ihre Analyse auf das gesamte westliche Europa aus, dessen Luftdruckverhältnisse sie während des Messzeitraums überprüften.

Wie auch Wissenschaftler in China oder Israel stießen sie ebenfalls auf das Phänomen des "weekend effects" - der sich allerdings nicht von Land zu Land zu jeder Jahreszeit gleich darstellte. So fielen in Island und Grönland die Sams- und Sonntage überdurchschnittlich schmuddelig aus - ebenso wie spanische Sommerwochenenden, die im Vergleich mit dem Rest der Woche ebenfalls kühler und feuchter sind.

Die Spanier dürfen sich dafür aber immerhin über sonnigere Winterwochenenden freuen - wie auch die Briten und Franzosen aus dem Westen der Grande Nation. Dieses Muster fanden zuvor auch schon US-Wissenschaftler, die das Wetter im Südwesten der Vereinigten Staaten untersuchten.

Die Gruppe um Thomas Bell vom Goddard Space Flight Center der Nasa in Greenbelt wertete Daten des Satelliten "TRMM" aus den Jahren 1998 bis 2005 aus. Zusätzlich verglichen sie diese mit Messungen von Bodenstationen. Das Ergebnis: An Sommerwochenenden regnete es deutlich weniger.

Die vorläufige Schlussfolgerung der Forscher in den USA und Spanien: Aerosole beeinflussen tatsächlich die Wolkenbildung - aber je nach Beschaffenheit können sie sowohl zu Niederschlägen führen als auch Trockenheit erzeugen. Sie erleichtern also nicht nur die Wolkenbildung, sondern können sie auch verzögern oder gar ganz verhindern.

Welchen Einfluss die Aerosolpartikel genau haben, sei "nicht so einfach herauszufinden", räumt Bernhard Vogel im Gespräch mit der taz ein. Aber das er einen hat, da ist sich der Karlsruher Wissenschaftler sicher: "Woher sollte das Wetter denn wissen, ob es gerade Samstag oder Mittwoch ist?"

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • K
    Karl

    Eine statistische Analyse ist kein naturwissenschaftlicher Nachweis!

     

    Gruß Karl