Studie über Studenten-Finanzen: Die Angst der Studenten vorm Kredit

Eine neue Studie zeigt, wie weit tatsächliche Situation und gefühlte Lage der Studierenden auseinanderliegen. Vier von fünf Studis gehts gut. Ein Drittel lehnt Studienkredite ab.

Alles Dagoberts? Bild: dpa

Die Hannoveraner Studentenforscher sind die erste Adresse in Deutschland, wenn es darum geht, objektive und subjektive Lager der Studierenden zu verstehen. Allerdings ist es oft widersprüchlich, was die Forscher herausfinden. So auch die jüngste Untersuchung, in der sich das Hochschulinformationssystem (HIS) um die Nutzung von Studienkrediten kümmerte.

Kurz gesagt: Ein Drittel der Studierenden lehnt eine Finanzierung ihres Studiums über Kredite rundweg ab. Gleichzeitig fühlen sich auch acht von zehn Studenten finanziell okay. Man könnte sagen: Es geht den allermeisten Studis gut, aber sie sind nicht etwa entspannt dabei, sie finden Studienkredite trotzdem ganz schlimm.

Auch die Haltung zu Studiengebühren ist höchst ambivalent. Über die Hälfte der Studierenden findet, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, sich an der Finanzierung des Studiums zu beteiligen - und dafür später Geld zu bezahlen. Aber gleichzeitig sind fast zwei Drittel der Ansicht, dass Bildung eine öffentliche Aufgabe ist und Papa Staat sie, bitte schön, vor finanziellen Unbilden zu bewahren habe. Haben die Forscher ihre Daten durcheinander gewirbelt? Oder sind die Studierenden ein bisschen verwirrt?

Es ist auch ein seltsamer Umgang mit der eigenen Verantwortung bei den Studenten festzustellen. Bei den Befragungen der Studierenden ergaben sich oft keine großen Unterschiede, wie Studenten der niedrigen Herkunftsgruppe oder der höheren auf Fragen reagieren. So ist die Informiertheit über Finanzierungsangebote lediglich graduell von der sozialen Herkunft beeinflusst.

Nur bei der Frage, wer die Aufgabe habe, das Studium zu finanzieren, ergeben sich erhebliche Differenzen: Immerhin 17 Prozent der Studierenden aus der hohen Herkunftsgruppe, also sozusagen der oberen Zehntausend, stimmen dieser Aussage zu: "Es ist Sache meiner Eltern, mein Studium zu finanzieren." Bei der unteren sozialen Herkunftsgruppe machen sich nur 2 Prozent von ihren Eltern abhängig. Interessant hier: Selbst bei den oberen Zehntausend finden sich 11 Prozent Bafögempfänger.

Bei der Bekanntheit und Nutzung von Studienkrediten ist, wenige Jahre nach deren Einführung, festzustellen: Viele Studierende wissen von den staatlichen und privaten Krediten (zwischen 39 und 63 Prozent). Ganz viele haben noch nicht darüber nachgedacht, ihr Studium per Kredit zu finanzieren (68 Prozent), und nur ganz wenige nutzen den Studienkredit bereits - es sind kümmerliche 6 Prozent der Studierenden.

Auch hierin steckt eine große Paradoxie. Denn immerhin jobben zwei Drittel der Studierenden neben dem Studium, das heißt, sie verballern Studienzeit dafür, sich Geld zu verdienen - obwohl sie die Chance auf relativ günstig Studienfinanzierungen hätten. Das ist insofern unverständlich, als nur 9 bis 14 Prozent der Studierenden große Furcht davor haben, ein kreditfinanziertes Studium nicht zurückzahlen zu können.

Die Antwort auf die Frage, warum sich Studierende mit Studienkrediten befassen, ist vieldeutig. Es sind vier Fragen, die nahezu gleichrangig das Nachdenken über Studienkredite befördern: Für je zwei Drittel der Studierenden sind die beschränkten Möglichkeiten der Eltern, Studiengebühren, die geringe Chance zum Jobben oder die finanzielle Abhängigkeit von den Eltern ein Motiv, über Kreditfinanzierung nachzudenken. Aber was heißt das eigentlich? Dass die Angst vor Gebühren groß ist - oder dass sie genauso viel zählt wie andere Motive? Es wird noch viel Forschung nötig sein, um Studierende zu verstehen.

CHRISTIAN FÜLLER

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