Struktureller Sexismus in der Politik: Geschichten wie diese
Die CDU-Politikerin Jenna Behrends hat ihrer Partei und Frank Henkel Sexismus vorgeworfen. Wie sieht es in den anderen Parteien aus?
Es geht um Jenna Behrends, die jetzt einen offenen Brief an die Christdemokraten verfasst hat: „Warum ich nicht mehr über den Sexismus in meiner Partei schweigen will“, ist das Schreiben an die „Liebe Partei“ überschrieben. Die 26-jährige Behrends, die bei den jüngsten Wahlen in Berlin-Mitte für die CDU kandidiert hat, ist fit und kommunikativ, Frau und alleinerziehende Mutter – Grund genug für ihre Parteifreunde, sie zu mobben.
In ihrem Text, den sie eine Woche nach der Berlin-Wahl im Onlinemagazin Edition F veröffentlichte, wirft sie CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel Sexismus vor. Dieser habe, so berichtet sie, einen anderen CDU-Politiker nach Behrends gefragt: „Fickst du die?“
Behrends, die auf ihrem Blog mitte-maedchen.de für Inhalte ihrer Partei wirbt, schildert in dem offenen Brief auch strukturelles Mobbing. Nachdem sie auf einen guten sechsten Listenplatz gewählt worden war, streuten Parteifreunde das Gerücht, dafür habe sie Sex mit dem Ortsvorsitzenden gehabt. Die CDU, schreibt Behrends, habe ein Sexismusproblem, das durch Beschweigen nicht kleiner werde.
Auch in anderen Parteien
Generalsekretär Tauber fordert von der CDU „eine größere Sensibilität in allen Bereichen der Gesellschaft. Sexismus ist nicht nur ein Problem in der Politik.“ So sehen das dort nicht alle. Die Kreisvorsitzende der Frauen-Union Berlin-Mitte, Sandra Cegla, sagt, sie empfinde Behrends „als eine zweifelhafte Persönlichkeit“. Und Henkel zeigt sich „ein bisschen enttäuscht“ – von Behrends.
In anderen Parteien weiß man um Probleme mit sexistischer Diskriminierung. Gesine Agena, frauenpolitische Sprecherin der Grünen: „Sexismus ist in der gesamten Gesellschaft ein Riesenproblem, auch in den politischen Parteien.“ Auch bei den Grünen – doch man verfüge über Strukturen wie die Frauenquote. Die führe zumindest „zu einem anderen Umgang und einem anderen Ton“.
SPD-Generalsekretärin Katharina Barley sagt, um Sexismus als gesamtgesellschaftliches Problem wirksam zu bekämpfen, brauche es einen „Bewusstseinswandel“. Den erreiche man „nur durch freundliche Beharrlichkeit. Immer wenn es zu Sexismus kommt, muss das klar und offensiv thematisiert werden.“ Und die Vizechefin der Linken, Caren Lay, meint, Sexismus in den eigenen Reihen anzugehen wäre für die CDU das Gebot der Stunde. Das gelte „übrigens für alle Parteien“.
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