: Stromer zu Goldeseln
■ Grüne fordern: Zinsen aus Rücklagen der Stromkonzerne verstaatlichen
Berlin (taz/dpa) – Die Burg der Stromkonzerne wird wieder einmal berannt. Mit einem Eingriff in die Finanzreserven von RWE und Co wollen Bündnis 90/Die Grünen verhindern, daß sich Stromversorger zunehmend in andere Märkte wie Entsorgung oder Telekommunikation einkaufen. Die Rücklagen dürfen die Stromer für die Entsorgung von Atommüll aus ihren AKW bilden. „Es kann jedoch nicht Sinn der Rücklagen sein“, so gestern Michaele Hustedt, Energie-Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, daß die Konzerne mit diesen Einnahmen „Schritt für Schritt die Infrastruktur dieses Landes übernehmen“.
Allein die Rücklagen der drei größten Erzeuger, RWE, Veba/ PreussenElektra und Bayernwerk, wurden zum Ende des Jahres 1994 auf über 80 Milliarden Mark geschätzt. Die Summen sollten „in die Verwaltung der öffentlichen Hand übernommen werden“, sagte Hustedt. Die Zinsen in Höhe von 3,5 Milliarden Mark im Jahr sollten dann in Klimaschutzprogramme gehen. Das Wuppertaler Institut für Klima-Umwelt-Energie prüfe schon, ob die Verstaatlichung der Zinseinnahmen mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Davon gehen die Grünen aus, weil der Artikel 20a der Verfassung das Staatsziel Umweltschutz festlege.
Unabhängig davon wollen die Grünen bis zum Sommer ein neues Energiewirtschaftsgesetz vorlegen. Die Konzessionsverträge für ein bestimmtes Gebiet sollen dabei erhalten bleiben – im Gegensatz zum Wirtschaftsministerium, daß mit einem Durchleitungsmodell und freiem Leitungsbau liebäugelt. Eine Anhörung am Samstag zeigte, daß selbst die Monopolkommission der Bundesregierung im Leitungsnetz ein „natürliches Monopol“ sieht, weil für potentielle neue Versorger eigene Leitungen viel zu teuer kämen.
„Das Entscheidende ist daher die Trennung von Stromerzeugern und -versorgern“, meint Hustedt. Die Versorger müßten dann nicht mehr – wie bisher meist der Fall –, von konzerneigenen Kraftwerken Strom kaufen. Damit könnten sie die billigste Lösung für ihren Strombezug wählen, das heißt gegebenenfalls auch Energie sparen. Gleichzeitig bleibt durch die Konzessionsverträge gesichert, daß sich auch langfristige Sparprogramme rentieren und nicht ein anderes Unternehmen plötzlich Kunden wegschnappt. rem
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen