Stresstest für Banken: Nur wenige Banken scheitern
Beim sogenannten Stresstest fallen von 91 europäischen Banken nur sieben durch. In Deutschland trifft es die Hypo Real Estate. Kritiker halten den Test für wenig aussagekräftig.
Glaubt man dem europäischen Stresstest für Banken, sind die deutschen Institute für eine neue Finanzkrise gut gerüstet: Nur die Hypo Real Estate (HRE) fiel durch, die bereits verstaatlicht ist.
Das europäische Aufsichtsgremium CEBS hatte von 91 europäischen Banken verlangt, dass sie drei verschiedene Szenarien durchrechnen, die in Abstufungen immer pessimistischer ausfielen. Im schlimmsten Fall wurde angenommen, dass Europa wieder in eine Rezession stürzt, dass die Zinsen steigen - und dass außerdem Abschreibungen auf Staatsanleihen fällig werden. Den Stresstest bestanden nur jene Banken, deren Kernkapitalquote in keinem Szenario unter sechs Prozent fiel. Die Kernkapitalquote misst das Verhältnis zwischen dem Eigenkapital einer Bank und ihren risikogewichteten Vermögenswerten - wozu etwa die vergebenen Kredite zählen. Am Freitagabend wurden die Ergebnisse des Stresstests veröffentlicht.
Insgesamt scheiterten in Europa nur sieben Institute. Neben der Hypo Real Estate waren dies fünf spanische Sparkassen sowie die griechische Atebank. Sie benötigen nun frisches Eigenkapital in Höhe von insgesamt 3,5 Milliarden Euro.
In Deutschland wurden insgesamt 14 Institute getestet, die gemeinsam mehr als 50 Prozent des gesamten Bankgeschäftes abdecken. Spitzenreiter ist die Landesbank Berlin, die in keiner Stressvariante unter eine Kernkapitalquote von 11,2 Prozent fiel. Als nächstes folgte die Deutsche Bank mit 9,7 Prozent.
Problematisch sieht es hingegen bei der Postbank und der NordLB aus, die sich nur knapp über die geforderten sechs Prozent hieven konnten. Die Erklärung ist recht simpel: Diese beiden Banken sind auch im jetzigen Normalbetrieb vergleichsweise schwach mit Eigenkapital ausgestattet. So kam die Postbank Ende 2009 nur auf eine Kernkapitalquote von 7,1 Prozent. Insofern spricht es geradezu für die Solidität ihres Portfolios, dass die Postbank selbst unter simulierten Extrembedingungen noch immer eine Kernkapitalquote von 6,6 Prozent ausweisen konnte.
Aber wie aussagekräftig ist der Stresstest? Viele Finanzexperten hatten schon im Vorfeld moniert, dass die Kriterien viel zu lax seien. So wurde explizit darauf verzichtet, den möglichen Staatsbankrott eines Eurolandes zu berücksichtigen. Die Konsequenz: Die Banken mussten Abschreibungen nur auf jene Staatsanleihen simulieren, die sie im "Handelsbuch" ausgewiesen haben - die sie also demnächst verkaufen wollen. Das sind jedoch nur etwa zehn Prozent ihrer Bestände. Der große Rest der Staatsanleihen befindet sich im "Bankbuch", wo die längerfristigen Anlagen aufgeführt sind. Sie blieben beim Stresstest unberücksichtigt.
Auch die simulierte Rezession fiel mit einem Einbruch von minus 0,4 Prozent "mild" aus, wie der Grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold kritisiert. Im Jahr 2009 schrumpfte die deutsche Wirtschaft um fünf Prozent.
Die Aufseher selbst halten ihren Stresstest ebenfalls nicht für besonders aussagekräftig: "Das ist nur eine Operation zur Beruhigung der Märkte", räumte etwa Bafin-Chef Jochen Sanio ein.
Zudem sind Risiken nicht immer vorherzusehen. Auch Staatsanleihen galten bis vor Kurzem noch als absolut sicher. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger schlägt daher vor, das nötige Eigenkapital der Banken neu zu berechnen. Statt die Vermögenswerte nach Risikoklassen zu gewichten und dann eine Kernkapitalquote zu ermitteln, sollte man einfach das vorhandene Eigenkapital ins Verhältnis zur Bilanzsumme setzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag