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Streitpunkt KinderpornographieDie Lücken des Netzsperren-Gesetzes

Ex-Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hat starke Bedenken gegen das Netzsperren-Gesetz. Der Bund habe dafür einfach keine Gesetzgebungskompetenz.

Wolfgang Hoffmann-Riem (r) gehört zu den profiliertesten Medienrechtlern Deutschlands. Bild: ap

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hat beim Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet verfassungsrechtliche Bedenken. In einem Beitrag des ZDF-Kulturmagazins "Aspekte", das am 31. Juli ab 22.30 Uhr läuft, sagt Hoffmann-Riem laut ZDF-Angaben, Kinderpornographie sei schändlich, und er halte es für richtig, dass der Gesetzgeber dagegen vorgehe. Dabei müsse sich dieser aber an rechtsstaatliche Grenzen halten.

Mit dem Gesetz zur Kinderpornografie-Bekämpfung im Internet habe der Bund aber ein Gesetz erlassen, für das er gar keine Kompetenz habe. Denn hierbei gehe es um Straftatverhütung - aber auch auf die "Einwirkung auf die Inhalte von Medienangeboten".

Für beide Bereiche seien in Deutschland aber die Länder und nicht die Bundesregierung zuständig. Wenn der Bund aber gar nicht die Gesetzgebungskompetenz habe, dürfe er nach dem Grundgesetz auch nicht das Bundeskriminalamt als Bundesoberbehörde zur Ausführung dieses Gesetzes einschalten, so Hoffmann-Riem.

Der 69-jährige liberale Jurist war von 1999 bis 2008 Richter im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts und unter anderem für Rundfunk- und Pressefreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und Datenschutz zuständig. Er gilt als einer der profiliertesten Medienrechtler und wurde vor allem durch die von ihm geprägten Entscheidungen zur Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und zum Großen Lauschangriff bekannt.

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8 Kommentare

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  • BM
    Benjamin M.

    Hier gibt es noch mehr Links (und Kommentare) zur Verfassungsmässigkeit von Netzsperren in Deutschland:

     

     

    http://netzpolitik.org/2009/ehemaliger-bundesverfassungsrichter

     

     

     

    Und auch das ZDF hat was dazu:

     

    http://aspekte.zdf.de//ZDFde/inhalt/6/0,1872,7611174,00.htm

  • A
    Arne3

    Schlimm auch das die Netzsperren illegal einfach dreist auf Vertragsbasis aktiviert werden!

     

    Ganz verdeckt, wird die Oeffentlichkeit nach der Wahl dann hoechstwahrscheinlich vor vollendete Tatsachen gestellt werden..

     

    Die illegalen Verträge der Deutschen Internetzensurprovider mit dem BKA sollte das Bundesverfassungsgericht gleich mit als nicht rechtskonform deklarieren..!

     

    Zu den Deutschen Zensurprovidern, siehe:

     

    www.zensurprovider.de

  • MW
    Mal Ware

    @Gockeline: Missglückte Ironie oder nicht mit dem Thema beschäftigt?

     

    Zum Artikel:

    Einer der Kritikpunkte, auf die Netzsperrengegner schon seit Monaten erfolglos hinweisen. Ich bedaure ehrlich gesagt, dass das Gesetz nicht wie geplant zum 01. August in Kraft getreten ist. Mit etwas Glück hätte dann ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch vor der Wahl ergehen können, auch wenn unser höchstes Gericht nicht grade für seine überragende Schnelligkeit bekannt ist.

  • MO
    Michael O

    @ Gockeline:

     

    Recht hat er schon. Das ein Gesetz in der Legislative durchgewunken wird, heisst noch lange nicht, das es auch Verfassungskonform ist. Das kann erst im Nachhinein durch die Gerichte geprüft und Entschieden werden - was sicherlich auch passieren wird. Es würde mich schon schwer wundern wenn icht bereits Verfassungsbeschwerden vorberietet werden.

    Das weiß auch der Gesetzgeber, aber das ist ihm (bzw. Ihr, gell Ursula?) herzlich wurscht, denn das eigentliche Ziel, vor den Bundestagswahlen noch populistisch bei der Fraktion der Bildzeitungsleser zu punkten, ist ja erreicht. Vor der Wahl wird es nämlich sicherlich keine Entscheidung dazu geben.

    Und wenn das Gesetz dann höchstwahrscheinlich einkassiert wird, kann man einfach sagen "Wir habens ja versucht" und im stillen Erleichtert wieder zur Tagesordnung übergehen. Die üblichen Rauchbomben der üblichen Verdächtigen also, die am Ende nur Nerven und Steuergelder verschluckt haben.

     

    Zu dem Unsinn mit dem rechtsfreien Internet (ist es nicht und will keiner, egal was der Ludditenblock sagt) äußere ich mich hier mal nicht weiter, das hatten wir bereits ad nauseam.

     

    Nur eins noch: Die Seiten kommen NICHT alle aus dem Ausland, auch nicht aus Indien (nochmal: Gell, Ursula?) sondern könnten oft mit bereits vorhandenen Rechtsmitteln KOMPLETT ABGESCHALTET werden! Das wär dann aber echte Arbeit und somit den armen leuten in den Ministerien und beim BKA beim besten Willen nicht zuzumuten! ;-)

  • M
    Manni_B

    @Gockeline

    Das Internet ist KEIN rechtsfreier raum. es gilt das selbe recht wie überall in deutschland. vergleiche da interent mit jedem anderen medium zur nachrichtenübermittlung: mit zeitungen, film, fernsehen, radio, plakatwänden - ja seh es wei die deien unterhaltung mit dem nachbarn - auch da darfst du nichzt alles zeigen und sagen wenn es das bestehende recht verletzt.

     

    in fast allen länderndieser erde ist diese ekelpornografie verboten und wird sofort nach bekanntwerden aus dem netz genommen und gegen die betreiber ermittelt. das geht razfatz - lass dir nichts vormachen.

     

    was dei frau von der layen da auftischt sind halwahrheiten und bewusste lügen.

     

    Les mal das hier - ganz interessant und sachlich:

     

    http://www.lawblog.de/index.php/archives/2009/08/02/die-meinungsfreiheit-als-sondermull/

  • G
    Gockeline

    Und er hat doch nicht recht,sonst wäre es nicht zugelassen worden.

    Man braucht nur jemand um in den Medien vorzuzeigen,hier ist jemand der es besser weis.

    Alles nur Halbwahrheiten.

    Keine Hilfe.

    Warum darf ein Internet alles außerhalb allen Rechts?

    Warum haben alle so Angst überprüft zu werden?

    Die Seiten kommen vom Ausland und sind kaum zu stoppen,nur im eigenen Land mit Sperren.

  • M
    Makeze

    Recht hat er, der Herr Richter. Seltsam dass er nicht auch bemängelt, dass die Sperrlisten in einem Verstoß gegen die Gewaltenteilung, durch die Exekutive anstelle der Judikative erstellt werden.

  • BH
    Bernd H.

    Wenn Herr Riem wirklich den Aufbau der Internetzensrtuktur verhindern will, sollte er demonstrativ in die Piratenpartei eintreten. Ein großen Namen, dessen Ruf nicht beschädigt ist (wie im Fall Tauss) würde der Partei Auftrieb verleihen.

    Und je mehr die anderen Parteien fürchten die Piratenpartei könnte es vielleicht wirklich in die Parlamente schaffen, desto ernster nimmt man dort die Grundrechte und den Datenschutz.

    Aber ich befürchte das "liberale" im Artikel meint nicht wirklich "liberal", sondern "marktradikal", sprich F.D.P.-Mitglied