piwik no script img

Streit um längere AKW-LaufzeitenSPD wirft Merkel Rechtsbruch vor

Scharfe Kritik von SPD-Chef Siegmar Gabriel: Der Vertrag mit der Atomindustrie sei rechtswidrig. Die Regierung habe die Öffentlichkeit belogen.

"Niemand kann das Atomgesetz per Vertrag aushebeln": SPD-Chef Sigmar Gabriel am Freitag in Berlin. Bild: dpa

BERLIN afp | Nach Ansicht der SPD ist die Atomvereinbarung zwischen der schwarz-gelben Regierung und den Energiekonzernen rechtlich nicht haltbar. "Ich halte das für einen klaren Rechtsbruch", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Freitag am Rande einer Fraktionsklausur in Berlin.

Das Gesetz lege fest, dass alles für die Sicherheit der Atomkraftwerke getan werden müsse, unabhängig von den Kosten. "Ein Unternehmen muss entscheiden, ob das wirtschaftlich ist und wenn nicht, muss es das Atomkraftwerk schließen", sagte Gabriel: "Niemand kann das Atomgesetz per Vertrag aushebeln."

Gabriel sagte weiter, es sei ein "skandalöser Vorgang", dass das, "was in einem Gesetz geregelt werden muss, in einem Deal mit der Wirtschaft geregelt wird". Dies sei ein einmaliger Vorgang und "das Gegenteil von Parlamentarismus". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf er eine "Salami-Taktik" vor. Die Vereinbarung zwischen Regierung und Konzernen sei erst nach öffentlichem Druck bekanntgemacht worden. Die Bundesregierung habe "die Öffentlichkeit belogen", so der Vorwurf Gabriels.

Mit Blick auf die Umgehung des Bundesrats bei der Laufzeitverlängerung sagte Gabriel, dass "dieses Verfahren insgesamt vor dem Bundesverfassungsgericht landen wird". Es sei "ein politischer Skandal, dass auch am Bundestag vorbei das Atomgesetz hingemogelt werden soll", kritisierte der SPD-Vorsitzende.

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag ihre bislang unter Verschluss gehaltene Vereinbarung mit den Betreibern von Atomkraftwerken teilweise veröffentlicht. Daraus geht unter anderem hervor, dass die AKW-Betreiber für eine mögliche Nachrüstung der Meiler mit maximal 500 Millionen Euro an Kosten rechnen müssen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • R
    robert48

    Nun ist es also soweit: die jeweiligen Wirtschaftsverbände (Atomindustrie, Pharma usw.)teilen der schwarz-gelben Bundesregierung mit, was sie wollen und die haben das gefälligst umzusetzen. Würde man anstelle Wirtschaft Sowjetunion und anstelle Bundesregierung Honecker-Regime stellen, hätten BILD und ähnliche Zeitungen ihr Format vergrößern müssen, um den Aufschrei unterzubringen. Aber so ? Die Chefin ist ehemalige FDJ-Agit-Prop-Sekretärin (für Leute aus den gebrauchten Bundesländern: "Sekretärin für Agitation und Propaganda"), und mit solcherart Vorgängen sicher vertraut und außerdem noch Friede-Springer-Freundin. Sogenannte Bananenrepubliken sind dagegen ja schon fast Rechtsstaaten.

  • D
    Daniel

    Ja verflixt, da hat er echt recht. Der Vertrag verstößt gegen geltendes Gesetz. Daher ist er hinfällig.

     

    Und jene Unterzeichner, die keine Immunität genießen, müssen strafrechtlich belangt werden.

  • S
    Stefan

    Und ich dachte schon, es ginge um die Abberufung Sarrazins, bei der Merkel und ihre Handpuppe Wulff etwas neben den Gesetzen gelegen haben. Sachde, dass das jetzt nicht mehr gerichtlich geklärt werden kann.

  • T
    Toll-Patsch

    Bravo, Sigmar, Bravo.

    Mögen diesen Worten Taten folgen.