: Streit um die Stadtwerke
Die Privatisierungseuphorie ist vorbei. In Holzminden ist jetzt trotzdem ein Bürgerbegehren gegen den geplanten Teilverkauf der Stadtwerke knapp gescheitert. Die Grünen im Landtag kritisierten das Abstimmungsverfahren
VON GERNOT KNÖDLER
Viele norddeutsche Kommunen tüfteln derzeit an der Frage herum, ob Strom, Wasser und Müllabfuhr in öffentlicher Hand behalten oder lieber Privatunternehmen überlassen sollen. In Holzminden wurde gerade ein Bürgerentscheid gegen einen Teilverkauf der Stadtwerke mit nicht ganz fairen Mitteln abgeschmettert. In Langenhagen bei Hannover wird dagegen ebenso wie in Hamburg überlegt, ob Stadtwerke neu geschaffen werden sollen. Teilverkauf hin oder her liegen die Pläne gar nicht soweit auseinander, wie es scheint.
In Holzminden hat der Plan der Ratsversammlung, 24 Prozent der Stadtwerke „möglichst an einen kommunalen Partner“ für einen Eklat gesorgt: Die Jusos verließen geschlossen den SPD-Ortsverein (taz berichtete). Alle Fraktionen – SPD, CDU, UWG und FDP – sprachen sich für den Teilverkauf der Gas- und Wasserversorgung aus. Nur die Grünen waren dagegen – und eine Bürgerinitiative.
Protest schon 2005
Schon 2005 hatte die Ini die Einwohnerschaft zu einem Bürgerentscheid gegen den Verkauf mobilisiert: 48 Prozent der Wahlberechtigten waren gegen den Verkauf. Nach Ablauf der Bindungsfrist setzte der Senat das Thema erneut auf die Tagesordnung und die Initiative rief wieder zum Bürgerentscheid auf. Diesmal hat sie verloren: Mit 176 Stimmen verfehlte sie die nötigen 25 Prozent Unterstützung nur knapp.
Der grüne Ratsherr Christian Meyer schreibt dieses neue Ergebnis den Abstimmungsmodalitäten zu. Im Gegensatz zum ersten Bürgerentscheid sei der zweite vom Rat bewusst nicht auf den Tag einer Wahl gelegt worden. Die Abstimmungslokale waren kürzer geöffnet, Benachrichtigungskarten gab es nicht.
Der Termin sei mit Bedacht gewählt worden, bestätigt der SPD-Ratsherr und Vorsitzende des für die Stadtwerke zuständigen „Werksausschusses“ Karl-Heinz Huchthausen (SPD). „Uns war das so wichtig, dass wir das nicht mit einer Wahl verknüpfen wollten“, sagt er. Es sei nicht getrickst worden. Um einen solchen Eindruck jedoch in Zukunft zu vermeiden, sei die Verwaltung beauftragt worden, feste Regeln für künftige Bürgerentscheide zu erarbeiten.Inhaltlich wirft er der Bürgerinitiative vor, das Thema Teilverkauf aufgebauscht zu haben. Bei den Plänen gehe es vor allem darum, die Stadtwerke von einem Eigenbetrieb in eine GmbH zu verwandeln. Das solle ihr erlauben, auch außerhalb des Holzmindener Territoriums um Kunden zu werben.
Kompetenter Partner
Vom Verkauf solle die Wassersparte ausgenommen sein. Mit 76 Prozent der Anteile würde die Stadt weiterhin das Sagen haben, argumentiert Huchthausen. Mit den übrigen Anteilen könne sie sich aber einen Partner mit Fachkompetenz ins Boot holen, der helfen könnte, den Betrieb über die rauhe See des Wettbewerbs zu schaukeln. Auch die Stadtwerke Hannover hätten mit 24 Prozent das Unternehmen Thüga im Boot und führen bestens damit.
„Der eigentliche Grund war die Haushaltssanierung“, behauptet der Grüne Meyer. Dabei seien die Stadtwerke eine gute Einkommensquelle. Mit Stadtwerken ließen sich die Energiepreise niedrig und Arbeitsplätze in der Region halten. Die anderen Parteien wollten dagegen die Stadtwerke aus dem Fokus der Öffentlichkeit rücken. „Wir können auch eine Aufsichtsratssitzung zum Teil öffentlich machen“, kontert Huchthausen.
Auch im 51.000 Einwohner zählenden Langenhagen geht es um eine verlässliche Energieversorgung – allerdings mit einem Fokus auf erneuerbarer Energie. Mit Hannover habe man einen starken Partner an Bord, sagt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Marco Brunotte. SPD und Grüne hätten in ihrem bis 2011 geltenden Koalitionsvertrag vereinbart, zu prüfen, wie sich der Anteil erneuerbarer Energie vergrößern lasse. Überdies solle erwogen werden, welche Chancen und Risiken eine Übernahme des Leitungsnetzes böte.
Das CDU-regierte Hamburg hat die Option, Stadtwerke zu gründen, zwar bis Ende 2014 verschoben, wenn die Konzessionsverträge für das Strom- wie das Gasnetz auslaufen. Dann aber solle „eine strategische Gesamtlösung gefunden werden“, sagte Bürgermeister Ole von Beust. Wie die aussehen wird, ist offen.