Streit um die Dose: Industrie verteidigt Werbung
Der Wirtschaftsverband BCME wehrt sich gegen Vorwürfe, er würde die Verbraucher täuschen. Belastbare Daten zur Lebensdauer von Mehrwegflaschen fehlten.
BERLIN taz | Mit "Verwunderung" reagiert die Büchsenindustrie auf den Plan der Deutschen Umwelthilfe (DUH), eine einstweilige Verfügung gegen den Dosen-Lobbyverband BCME zu erwirken. Dieser soll nicht mehr unter Bezug auf eine Ökobilanz des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) behaupten dürfen, die Getränkedose liege auf Augenhöhe mit der Mehrwegflasche. "Wir prüfen die Vorwürfe der DUH", sagt BCME-Sprecher Welf Jung.
Generell könne er die Vorwürfe der Umweltorganisation nicht nachvollziehen, so Jung. "Das Mehrwegsystem hat seine Berechtigung", sagt er, "doch Einwegverpackungen eben auch." Es komme ganz auf die konkrete Konsumsituation an.
Industrie vermisst Studien
Die DUH wirft der Industrie vor, dem Ifeu unrealistische Vorgaben für seine Berechnungen gemacht zu haben. So habe das Institut Szenarien angenommen, in denen eine Glasflasche nur ein-, fünf- oder zehnmal wieder befüllt werde. "So verzerrt man Ergebnisse zugunsten der Dose", sagt Geschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH geht davon aus, dass eine Mehrwegflasche bis zu 50-mal befüllt wird und beruft sich auf Zahlen des Verbands privater Brauereien.
BCME-Sprecher Jung hingegen vermisst eine "ernstzunehmende Studie" über die genauen Umlaufzahlen von Mehrwegflaschen. Weil außer einer fünf Jahre alten Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung keine belastbaren Zahlen vorlägen, sei es angebracht, mit verschiedenen Szenarien zu rechnen. Die Ökobilanz habe man in Auftrag gegeben, um dem schlechten Image der Dose objektiv etwas entgegenzusetzen. Das Umweltbundesamt prüft derzeit die Studien des Ifeu und will seine Ergebnisse demnächst vorstellen. Ungeachtet dessen wird die DUH nach Angabe Reschs am heutigen Dienstag die BCME per einstweiliger Verfügung auf Unterlassung ihrer Aussagen verklagen. "Es ist Eile geboten", sagt Resch, "weil Handel und Verbraucher sich an der falschen Darstellung der Ökobilanz orientieren." Das schaffe Fakten im Sinne der Dosenindustrie.
Der Absatz von Dosen steigt
Im Frühsommer hatten die beiden Discounter Penny und Netto Bierdosen wieder in ihr Sortiment aufgenommen. Coca-Cola betreibt derzeit mit einer großen Kampagne die Markteinführung einer neuen 0,25-Liter-Getränkedose. Erst kürzlich hatte die Industrie vermeldet, dass sie im ersten Halbjahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr ein Drittel mehr Dosen verkauft hatte. HOL
Leser*innenkommentare
schrulli
Gast
Glaube keiner Oekobilanz die du nicht selbst gefaelscht hast....und die Bezugsrahmen einer Bilanz abzugrenzen ist ganz grosses Kino.
Klaus Gericke
Gast
Bei uns in der Stadt liegen überall zerschlagene Bierflaschen besonders schlimm sieht es auf den Spielplätzen aus daher kann ich mir nicht vorstellen das Glasflaschen überhaupt 5 x Wiederbefüllt werden.
Das Pfand für Gefährliche Verpackungen wie Glas sollte man auf einen Euro erhöhen an einer Dose haben sich meine Kinder noch nie verletzt.