Streit um den Golden Pudel Club: Nicht in meinem Oberstübchen
Für Park Fiction ist das Restaurant im Obergeschoss des Golden Pudel Club unerträglich. Nun wird die Restaurant-Chefin im Internet bedroht.
Terry Krug, die Chefin des Restaurants Oberstübchen im oberen Stockwerk des Golden Pudel Clubs, ist fassungslos. Mit einer Erklärung, die Margit Czenki und Christoph Schäfer vom Projekt Park Fiction am vergangenen Sonntag veröffentlichten, haben sie die Debatte um die Spaltung des Pudels wieder losgetreten. In den letzten Tagen schaukelt sich im Internet der Streit immer weiter hoch.
Seit etlichen Stunden verfolgt Krug den Shitstorm, der jetzt gegen sie läuft. Sie hält sich zurück, schreibt lieber nichts. Sie will kein Öl ins Feuer gießen. In ihrem Aufruf empfehlen Czenki und Schäfer: „Trinkt Euren Latte woanders.“ Eine Art Boykott-Aufruf, weil es so, wie es ist, im Pudel-Gebäude für sie einfach nicht weitergehen kann.
Worum geht’s? Der Pudel ist gespalten, das ist nicht neu. Auf der einen Seite steht die eingeschworene Gemeinschaft, die „Pudel-Familie“, für die der Club nicht kommerziell werden darf. Auf der anderen Seite Wolf Richter, Rocko Schamonis alter Freund aus Kindertagen, für den sich der Gastronomie-Betrieb in dem Haus, in das er sein Geld gesteckt hat und das er, der Handwerker, selbst mit zusammengebaut hat, rechnen soll.
Für die Gastronomie hat sich Richter Terry Krug ins Haus geholt, die im Oberstübchen arbeitet und heute Sätze sagt wie: „Es ist doch egal, was ich jetzt dagegen schreibe, wenn ich sage, ich möchte dort gerne Geld verdienen, damit ich meinen Kindern etwas zu essen kaufen kann, ist das ja anscheinend Gewinnmaximierung.“
Vertrauensbruch
Für Czenki und Schäfer, die sich jetzt zu Wort gemeldet haben, kommt der Betrieb des Oberstübchens ihrer Idee in die Quere. Sie sprechen von einem Vertrauensbruch, der für das Park-Fiction-Projekt, das immer ein soziales, politisches und ein künstlerisches war, unerträglich ist. „Uns gefiel die Vorstellung, die Park-Fiction-Ideen im Kontext des Pudelsalons weiter zu entwickeln“, erklären sie.
Im Pudelsalon sollte das Park-Fiction-Archiv, mit dem Kernstück, der komprimierten Park-Fiction-Documenta-Arbeit, die 2002 in Kassel ausgestellt war, öffentlich zugänglich werden. Auch stadtpolitische Diskussionen im Pudelsalon und Aktionen im Park sollten die Ausstellung begleiten. Um das möglich zu machen, habe Park Fiction 15.000 Euro aus Kulturmitteln in die Pudel-Sanierung gesteckt.
„Mit Rücksicht auf die Pudel-Szene haben wir versucht, das Archiv im neuen Setting zu erproben. Doch es funktioniert nicht“, sagen sie. Im Oberstübchen – das Czenki und Schäfer „Bionade-Biedermeier-Lokal mit Elbblick und Betriebsfeier-Vermietung“ nennen – sei eine kritische Auseinandersetzung mit Stadtentwicklung, für die Park Fiction steht, absurd. Krug halte sich nicht an Vereinbarungen.
Rockos Fehler
Das Problem des Pudel-Kollektivs: Es gibt Besitzer. Wolf Richter und Rocko Schamoni haben das Haus Am St. Pauli Fischmarkt 27 nach der Sanierung gemeinsam von der Stadt gekauft. „Rockos Fehler“, sagen Czenki und Schäfer heute. Als es dann 2010 zum Streit kam, wollte Richter das Café im oberen Stock ohne die Pudel-Familie machen.
Im Sommer 2011 eskalierte der Streit, als der Pudel Club zur Eröffnung des Oberstübchens erklärte, dass der Raum im Obergeschoss ab sofort nicht mehr zu ihm gehöre und auch „kein Bruder im Geiste“ sei.
Terry Krug hält den Streit für „eine ideologische Diskussion, bei der bestimmte Leute meinen, das Haus würde ihnen gehören, dabei ist es im Privatbesitz“. Von Anfang fühlte sie sich nicht willkommen, irgendwann habe sie sich gesagt, dass sie sich nicht unterdrücken lässt von Leuten, die sich für die vermeintliche kulturelle Elite Hamburgs halten. Es dürften doch auch noch andere Leute in dieser Stadt Kultur machen. Jeder solle doch selbst entscheiden können, wo er oder sie einen Kaffee trinkt.
Im Internet wird derweil eine Anleitung zum Basteln eines Molotowcocktails verbreitet, darauf auch ein Kind, das das Oberstübchen damit anzünden will. Aus dem Pudel heißt es, dies sei keineswegs als Aufruf zur Gewalt zu verstehen. Am Donnerstag will Park Fiction beraten, wie es weitergeht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“