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Streit um StaatsangehörigkeitZwang zur Passwahl soll fallen

Laut Gesetz müssen sich zehntausende Jugendliche mit ausländischen Eltern entscheiden, welchen Pass sie abgeben. Diesen "Optionszwang" will ein breites Bündnis abschaffen.

Mit 18 Jahren einen der beiden Pässe abgeben? "Integrationspolitischer Unsinn", finden Kritiker. Bild: dpa

BERLIN taz | Zehntausende junger MigrantInnen müssen sich künftig entscheiden: Welchen ihrer beiden Pässe geben sie ab? Grund dafür ist ein Passus im Staatsangehörigkeitsrecht aus dem Jahr 2000: der sogenannte Optionszwang.

Danach bekommen alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern neben deren Staatsbürgerschaft automatisch einen deutschen Pass, wenn die Eltern ein Daueraufenthaltsrecht besitzen. Mit 18 Jahren, spätestens aber bis zu ihrem 23. Geburtstag müssen sie einen der beiden Pässe abgeben. Sonst wird ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.

Mit diesem "integrationspolitischen Unsinn" soll Schluss sein, fordern nun Persönlichkeiten aus Gewerkschaften, Kirchen, Wissenschaft und Politik. Unter dem Titel "Sie gehören zu uns! Aufruf wider den Optionszwang für Kinder unseres Landes" werben die rund 30 UnterzeichnerInnen dafür, das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern.

Zu den UnterzeichnerInnen gehören die drei ehemaligen Ausländerbeauftragten der Bundesregierung Marieluise Beck (Grüne), Cornelia Schmalz-Jacobsen und Liselotte Funcke (beide FDP). Schmalz-Jacobsen erinnerte daran, dass es die Reform des Staatsangehörigkeitsrecht ohne die Optionspflicht nicht gegeben hätte. Denn nur damit konnte der Union die notwendige Zustimmung abgerungen werden. "Aber eine Einbürgerung auf Widerruf ist einfach absurd", sagte die FDP-Politikerin. Der Optionszwang zeuge von "dem Misstrauen, mit dem der Staat auf die Kinder von Migranten schaut", kritisierte Marieluise Beck.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach nannte den Optionszwang einen "Anachronismus". Für alle, die in Deutschland geboren würden, müsse klar sein, dass sie dazugehörten. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, wies darauf hin, dass bereits jetzt mehr als die Hälfte der Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit vollzogen würden. Dies gelte vor allem für EU-Bürger und auch die Einwanderer, deren Herkunftsländer sie nicht aus der Staatsangehörigkeit entlassen.

Von allen Parteien mit Ausnahme der Union habe man bei Vorgesprächen positive Signale erhalten, sagte Jürgen Miksch vom Interkulturellen Rat, der den Aufruf koordiniert hat. "Aber auch in der CDU gibt es ein Nachdenken."

Im vergangenen Jahr waren über 3.300 18-Jährige vom Optionszwang betroffen. Bis 2017 seien es jährlich bis zu 7.000 Jugendliche; ab 2018 werden es nach Angaben der Unterzeichner jährlich 40.000 sein.

Der Aufruf im Internet: www.wider-den-optionszwang.de

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8 Kommentare

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  • I
    Irene

    Ob uns das Gesetz gefällt oder nicht, es ist nunmal da und die Betroffenen hatten seit 2000 neun Jahre Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.

    Dass sich hier geborene und aufgewachsene Deutsche mit 18 oder 23 Jahren für die Staatsbürgerschaft der (Ur)Großeltern entscheiden wollen, verstehe ich nicht.

  • D
    denninger

    Nun, Frau am Orde hat sicher auch ein völkerrechtlich einwandfreies Konzept zur Lösung der durch Mehrfachstaatsangehörigkeit entstehenden juristischen Probleme in den Bereichen

    Mehrfaches Wahlrecht (EU-Parlament), Wehrpflicht, Diplomatischer Schutz, Internationales Privatrecht und Minderheitenschutz.

    Oder hat sie gar nicht so weit gedacht?

  • N
    Naledi

    Kinder ausländischer Eltern, die hier geboren sind, werden mit dieser Regelung doch herzlich eingeladen sich zur deutschen Staatsbürgerschaft zu bekennen. Ob sie diese Einladung annehmen wollen, sollen sie im Alter zwischen 18 und 23 Jahren entscheiden. Ich sehe nicht, wo da eine Unsittlichkeit oder Ungerechtigkeit liegen soll. Für mich gilt einfach auch hier „you can’t have the cake AND eat it.“ Warum bitteschön kann man sich nicht zu einem Land bekennen, das einem unter Umständen mehr bietet als das Heimatland der Eltern?

    Ich selbst hätte durchaus auch gerne eine andere Staatbürgerschaft, am liebsten die US-amerikanische. Leider aber sind die USA (und auch andere Länder), die einen guten Lebensstandard zu bieten haben, schon im Vornherein äusserst selektiv, wen sie im Land haben wollen und wen nicht.

  • T
    TunisMaral

    "integrationspolitischer Unsinn". Mein Gott, Frau am Orde, ist es der sogen. Integration förderlich, wenn jemand noch seinen türkischen Paß hat? Wieso soll das förderlich sein? Ist es nicht eher so, dass dies ein eindeutiger Hinweis ist, das so jemand D nicht als Heimat sieht?

    Schreiben Sie auch manchmal reflektierte Artikel?

  • I
    Irene

    Ob uns das Gesetz gefällt oder nicht, es ist nunmal da und die Betroffenen hatten seit 2000 neun Jahre Zeit, sich damit auseinanderzusetzen.

    Dass sich hier geborene und aufgewachsene Deutsche mit 18 oder 23 Jahren für die Staatsbürgerschaft der (Ur)Großeltern entscheiden wollen, verstehe ich nicht.

  • D
    denninger

    Nun, Frau am Orde hat sicher auch ein völkerrechtlich einwandfreies Konzept zur Lösung der durch Mehrfachstaatsangehörigkeit entstehenden juristischen Probleme in den Bereichen

    Mehrfaches Wahlrecht (EU-Parlament), Wehrpflicht, Diplomatischer Schutz, Internationales Privatrecht und Minderheitenschutz.

    Oder hat sie gar nicht so weit gedacht?

  • N
    Naledi

    Kinder ausländischer Eltern, die hier geboren sind, werden mit dieser Regelung doch herzlich eingeladen sich zur deutschen Staatsbürgerschaft zu bekennen. Ob sie diese Einladung annehmen wollen, sollen sie im Alter zwischen 18 und 23 Jahren entscheiden. Ich sehe nicht, wo da eine Unsittlichkeit oder Ungerechtigkeit liegen soll. Für mich gilt einfach auch hier „you can’t have the cake AND eat it.“ Warum bitteschön kann man sich nicht zu einem Land bekennen, das einem unter Umständen mehr bietet als das Heimatland der Eltern?

    Ich selbst hätte durchaus auch gerne eine andere Staatbürgerschaft, am liebsten die US-amerikanische. Leider aber sind die USA (und auch andere Länder), die einen guten Lebensstandard zu bieten haben, schon im Vornherein äusserst selektiv, wen sie im Land haben wollen und wen nicht.

  • T
    TunisMaral

    "integrationspolitischer Unsinn". Mein Gott, Frau am Orde, ist es der sogen. Integration förderlich, wenn jemand noch seinen türkischen Paß hat? Wieso soll das förderlich sein? Ist es nicht eher so, dass dies ein eindeutiger Hinweis ist, das so jemand D nicht als Heimat sieht?

    Schreiben Sie auch manchmal reflektierte Artikel?