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Streit um SchulhelferDie Schulverwaltung bittet zu Tisch

Runder Tisch von Eltern behinderter Kinder und Senat könnte jährliche Proteste beenden

Ein Grabenkampf ist demnächst wohl Geschichte: Der jährliche Streit um Schulhelfer für behinderte Kinder könnte sich entspannen. Der Senat steht kurz davor, einen Runden Tisch für alle Beteiligten einzurufen.

Schulhelfer begleiten behinderte Kinder und Jugendliche und sorgen dafür, dass sie dem normalen Unterricht folgen können. In den vergangenen Jahren fehlten zu Beginn des Schuljahrs regelmäßig Gelder für die Betreuer. Elterninitiativen werfen deshalb dem Senat auch in diesem Jahr wieder vor, Biografien von Menschen zerstören, die ihren Job aufgeben müssten, um ihre Kinder zu pflegen. Die Schulverwaltung dagegen berichtet von E-Mails, "die unter die Gürtellinie gehen".

Seit einem Treffen von Betroffenen und der Schulverwaltung auf Einladung des Landeselternausschusses am Freitag zirkuliert die Idee eines Runden Tisches. "Es besteht sehr großes Interesse an einem Austausch", hieß es am Mittwoch aus der Schulverwaltung. Der Vorsitzende der Elternvertreter André Schindler hofft, dass die Gesprächsrunde vor den Herbstferien eingerichtet wird.

Der Senat gab 2008 rund acht Millionen Euro für Schulhelfer aus und möchte die Summe deckeln, die in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Die Anträge der Schulen auf Helfer werden nun intensiver als bisher geprüft. Deswegen seien viele angeblich zu Unrecht erteilte Helferstunden gekürzt worden. "Wir haben genauer hingeschaut", sagte ein Sprecher von Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD). "Manche Schulleiter beantragen bewusst zu viele Stunden, die wurden früher durchgewunken." Es gebe auch bei den Bezirken große Unterschiede: Während Mitte laut Landeselternausschuss 781 Betreuungsstunden pro Woche beantragte, waren es in Pankow 2.510 Stunden.

Dem widerspricht Monika Scheeler-Knight vom Elternzentrum Berlin. "Weil es in Mitte keine entsprechenden Förderzentren gibt, gehen nicht wenige Mitte-Kinder in Pankow zur Schule", sagt Scheeler-Knight, deren Sohn selbst von gekürzten Stunden betroffen ist.

Elternvertreter Schindler kritisierte einzelne Betroffene für ihre emotionale Reaktionen. Stattdessen wolle er eine Runde, "wo alle miteinander klar kommen". Einigkeit bestehe zwischen Landeselternausschuss und Betroffenen dabei, dass Schulhelfer nicht mehr jährlich beantragt werden sollten. "Bei ganz eindeutigen Fällen" hält dies nun auch der Senat für eine sinnvolle Überlegung.

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3 Kommentare

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  • S
    Schneider

    Bevor die Schulverwaltung alle an einen Tisch bittet, sollte per sofort die Handlungsfähigkeit an den betroffenen Schulen hergestellt werden.

     

    Anbetracht solcher hier geschilderter Probleme

    verstehe ich nicht, daß der Senat mal eben eine Kunsthalle für 20 Millionen € favorisier.

  • H
    huhn

    Danke für den ausgeglichenen, ausgleichenden Kommentar in dieser notwendigen, aber entgleisten Debatte. Das macht Hoffnung.

  • TH
    Torsten Hansen

    Der "Runde Tisch" eine längst überfällige Einrichtung, die von den Eltern schon sehr lange gefordert wurde, egal ob er nun als Erfindung der Schulverwaltung verkauft wird oder nicht. Endlich soll es zu Gesprächen kommen, die das Elternzentrum Berlin e.V. und auch andere Vertreter seit geraumer Zeit fordern. Ich wage zu hoffen, dass es sich nun nicht nur um Gespräche handeln wird. Wir brauchen Ergebnisse, wir brauchen Chancengleichheit für behinderte Kinder, wir brauchen Planungssicherheit für Schulen, Eltern, Schulhelfer, wir brauchen klare Worte und wir brauchen verlässliche Aussagen aus dem Senat. In diesem Sinne wünsche ich den hoffentlich alsbald stattfindenden Gesprächen einen konstruktiven Verlauf und Ergebnisse im Sinne der betroffenen Menschen. In diesem Zusammenhang lohnt die Erinnerung: Seit 26. März 2009 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen nun auch für Deutschland verbindlich und Berlin liegt bekanntlich in Deutschland! (Zitat aus Artikel 24 der Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: "Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel, Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen,...")