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Streit um Nato-Einfluß

■ Genscher contra Stoltenberg zur Ausdehnung der Nato in die DDR / FDP-Abrüstungsexperte will Koalitionsfrage stellen

Bonn (dpa) - In der Bonner Koalition ist eine tiefgreifende Kontroverse über die Frage entbrannt, ob nach einer Vereinigung Deutschlands der „Nato-Schutzschirm“ auf das jetzige Gebiet der DDR ausgedehnt und Bundeswehreinheiten dort stationiert werden sollten. Außenminister Genscher und der Abrüstungsexperte der FDP-Fraktion, Feldmann, wiesen entsprechende Überlegungen von Verteidigungsminister Stoltenberg (CDU) entschieden zurück.

Feldmann deutete an, daß dies für seine Partei eine Koalitionsfrage sein werde, nachdem das Verteidigungsministerium am Samstag die Auffassung Stoltenbergs bekräftigt und Genschers Einspruch als „persönliche Meinungsäußerung“ bezeichnet hatte. Genscher selbst will „unerbittlich“ auf alle Versuche reagieren, „durch ein Draufsatteln in dieser Frage das Ziel der deutschen Einheit zu gefährden“. Stoltenberg hatte die Auffassung vertreten, die Schutzgarantien der Nato müßten künftig nicht nur für die Bundesrepublik, sondern „ohne Abschwächung für ganz Deutschland“ gelten. Über Umfang und Struktur deutscher (Bundeswehr)-Truppen, die nicht der Nato unterstellt sein müßten, auf dem Gebiet der DDR sei noch zu sprechen.

Nach einem klaren Einspruch Genschers sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Dunkel, Stoltenberg bleibe bei seiner Auffassung. Vertraute Genschers zitierten ihn mit den Worten, wer jetzt verlange, westliche Streitkräfte östlich der Elbe bis zur Oder-Neiße zu stationieren, überfordere die östlichen Nachbarstaaten und besonders die Sowjetunion. Nach der Einigung von Ottawa, wo die Vier Mächte auch formell den Weg zur Vereinigung freigemacht hätten, seien jetzt „Augenmaß und Verantwortung“ gefragt.

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