Streit um Häfen: Erst Uran, dann Tropenholz

Das Verbot von Atomtransporten durch Bremer Häfen sei verfassungswidrig, sagt die Handelskammer und lässt sich durch den SPD-Mann Volker Kröning vertreten

Unterstützt den Kampf der Handelskammer gegen Rot-Grün: Ex-Senator Volker Kröning (SPD) Bild: Jean-Philipp Baeck

Die Sache mit den Atomtransporten ist nur der Anfang, glaubt die Handelskammer. "Was ist mit Sprengstoffen, Waffen und Tropenhölzern?" fragt Claus Brüggemann, Präsident der Bremerhavener Industrie- und Handelskammer. Und fürchtet, dass jene Waren als nächstes mit einem Transportverbot belegt werden könnten. Gegen die Pläne der rot-grünen Koalition, Atomtransporte über Bremer Häfen zu verbieten, legte die Handelskammer am Dienstag deshalb ein eigenes Rechtsgutachten vor. Das stellt fest: ein Umschlagsverbot wäre verfassungswidrig.

In Gefahr sehen die Wirtschaftsvertreter die "jahrhundertealte" Tradition des Bremer "Universalhafens" und holten sich prominente Schützenhilfe: Für das Gutachten beauftragten sie Volker Kröning als Anwalt - den Ex-Finanzsenator und langjährigen Bundestagsabgeordneten eben jener Sozialdemokratischen Partei, deren Gesetzesvorhaben er nun juristisch attackierte.

Um ein Verbot von Atomtransporten durch Bremer Häfen rechtlich abzusichern, hatte der rot-grüne Senat im Spätsommer ein Gutachten erstellen lassen. Darin war eine Widmung des Hafens als Teil einer auf "erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit" ausgerichteten Wirtschaft vorgeschlagen worden, um daraufhin "Kernbrennstoffe" vom Umschlag auszuschließen. Rechtliche Fallstricke, wie die Sicherstellung der Warenverkehrsfreiheit oder die Zuständigkeit des Bundes für die Schifffahrtswege, waren darin ausführlich abgewogen worden. SPD und Grüne folgten dem Gutachten mit einem Vorschlag für eine Gesetzesänderung, über den die Bürgerschaft im November auf einem ersten Termin beriet.

Volker Kröning wiederum schätzt die Lage anders ein. Bremen überschreite mit der geplanten Änderung des Hafenbetriebsgesetzes seine Kompetenz, sowohl gegen das Atomgesetz als auch gegen das Landesgesetz würde verstoßen, als "Einschränkung des freien und gleichen Güterumschlags". Eine Reihe von Bundesministerien könnten vor das Verfassungsgericht ziehen, die Bremer Opposition oder die Handelskammern vor dem Staatsgerichtshof klagen.

Bisher gebe es keinen Grund von dem Vorhaben abzusehen, sagte der SPD-Umweltpolitiker Arno Gottschalk: "Wir haben immer betont: Bei dem Verbot geht es um eine solitäre Sache, um das Prinzip eines Universalhafens eben nicht in Frage zu stellen."

Auch der Anti-Akw-Aktivist Bernhard Stoevesandt nannte es "an den Haaren herbei gezogen", dass die Handelskammer befürchtet, es drohten weitere Umschlagsverbote: "Es geht doch um die politische und ethische Entscheidung, ob es einem egal ist, womit man sein Geld verdient." Stoevesandt hat mit einer Petition 470 Unterschriften gesammelt, um ein Transportverbot auch auf Uranhexaflorid auszudehnen. Nur im angereicherten Zustand gilt dieses als "Kernbrennstoff" und wäre mit dem rot-grünen Gesetzesvorhaben vom Tranport ausgeschlossen. Nicht-angereichertes Uranhexaflorid ist ein Vorprodukt für Brennelemente und macht den Großteil der Transporte über Bremer Häfen aus. Gelangt der radioaktive Stoff an die Luft, entsteht stark ätzende Flußsäure.

Für "gelinde gesagt dünn" hält Klaus-Rainer Rupp, Fraktionsvize der Linkspartei die juristischen Argumente von Krönings Gutachten. Rupp teilt das Anliegen Stoevesandts, das Verbot zu erweitern. Von der juristischen Drohkulisse der Handelskammer solle man sich nicht abhalten lassen: "Ich finde, es ist wert, diese Auseinandersetzung zu führen", so Rupp. Die Linksfraktion erwägt einen Volksentscheid, falls nur der Transport von Kernbrennstoffen verboten würde. Eine Entscheidung wird für die nächste Bürgerschaftssitzung am 25. Januar erwartet.

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