Streit um Golfclub-Vertrag: Wannsee-Gate füllt sechs Ordner
Finanzverwaltung prüft jetzt umstrittenen Pachtvertrag aus der Ära Sarrazin. Schon jetzt ist klar: Der Vertrag war kein Schnellschuss.
Die Finanzverwaltung des Senats hat begonnen, den umstrittenen Pachtvertrag mit dem Golfclub Wannsee vom Sommer 2008 zu prüfen. "Wir gucken uns die ganze Geschichte jetzt noch mal an", sagte Sprecher Clemens Teschendorf der taz. Mit einem Ergebnis sei in einigen Wochen zu rechnen. Bereits jetzt ist klar, dass der Vertrag kein Schnellschuss, sondern aufwändig verhandelt war: Die Angelegenheit füllt laut Teschendorf sechs Aktenordner. Finanzsenator Ulrich Nußbaum hatte vergangener Woche angekündigt, den in die Zeit seines Vorgänger Thilo Sarrazin (SPD) zurückreichenden Sachverhalt "mit neuen Augen schonungslos" aufzuklären.
Zuvor hatte sich die Frage aufgetan, ob das Land bei der Verpachtung des landschaftlich sehr reizvollen Geländes zwischen Königsstraße, Griebnitz- und Stölpchensee 3 Millionen Euro verschenkt hat. Dabei geht es darum, dass der Golfclub möglicherweise seine Gemeinnützigkeit aufgibt. Einen nicht gemeinnützigen Verein hätte man aber offenbar einen doppelt so hohen Pachtzins bezahlen lassen können. Im Vertrag fehlt jedoch eine Klausel, die solche Nachforderungen ermöglicht.
Laut Clubgeschäftsführer Michael Siebold war bei den Verhandlungen weder dem Verein noch der Senatsseite bewusst, dass die Gemeinnützigkeit künftig wegfallen könnte. Auch gegenwärtig sei die Entscheidung darüber noch nicht gefallen, sagte er der taz. Ein Schreiben des früheren Clubpräsidenten Roland Specker an seine Mitglieder von diesem Monat, aus dem der Tagesspiegel zitiert hatte, legt anderes nahe: "Bei der Endverhandlung ist es uns gelungen, die Vertragsgestaltung so festzuschreiben, dass ein Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht zur Folge hat, dass der Erbbauzins sich nachträglich von 3 auf 6 Millionen Euro verdoppelt."
Laut Siebold fühlt sich der Golfverein ungerecht behandelt: "Bei einer seriösen Betrachtung kann ernsthaft keine Rede davon sein, dass das Land Berlin Geld verschenkt hat. Im Gegenteil: Das Land Berlin hat auch im Vergleich zu den Verträgen mit anderen Sportvereinen ein außerordentlich gutes Geschäft gemacht."
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