Streit über geplante Internet-Sperren: Hackerangriff auf Kinderhilfe-Seite
Die Organisation "Deutsche Kinderhilfe" kämpft für die Sperrung von Kinderporno-Seiten. Nun knöpften sich Hacker ihre Website vor.
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BERLIN taz | Hacker haben in der Nacht auf Samstag die Website der Deutschen Kinderhilfe verändert. Auf der Startseite erschienen unter anderem Argumente gegen Netzsperren und eine Todesanzeige für Artikel 5 des Grundgesetzes: "Eine Zensur findet nicht statt."
Die Kinderhilfe hatte zuvor eine Unterschriftenaktion gestartet, in der sie die BürgerInnen aufforderte, "für das Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet" zu stimmen. Die Aktion der Kinderschützer verstand sich als Reaktion auf eine Petition von Internetnutzern, die sich gegen Netzsperren ausgesprochen hatten, weil diese ihrer Meinung nach in der geplanten Form nur ein Verdecken der Kinderpornografie im Internet darstellten und sich nicht gegen die Anbieter solcher Inhalte wendeten. Stattdessen baue der Staat eine Zensurinfrastruktur auf, die sich missbrauchen lasse, argumentieren die Zensurgegner. So werde etwa die Sperrliste allein vom BKA kontrolliert. 84.000 BürgerInnen haben die Petition bereits unterschrieben.
Dem Hack der Website der Kinderhilfe ging teils heftige Kritik aus der Internetszene voraus. Der Medienjournalist und viel gelesene Blogger Stefan Niggemeier hatte noch am Freitag geschrieben, die politischen Ziele, die der Verein vertrete, seien "immer populistisch und oft extrem". Andere Netzaktivisten warfen dem Verein vor, eine Vorfeldorganisation der CDU zu sein. Die Kinderhilfe untermauerte ihre Haltung mit einer Umfrage von Infratest Dimap, laut der 92 Prozent der Bundesbürger für Internetsperren von Kinderpornografie durch den Staat seien. "Das Ergebnis der Umfrage bestätigt meinen Eindruck, dass es sich bei den Unterschreibern der Online-Petition um Internetliebhaber, Blogger, im Grunde also um eine Minderheit handelt", sagte Kinderhilfe-Chef Georg Ehrmann der Welt.
Tatsächlich dürfte der Hackerangriff auf www.kinderhilfe.de den Gegnern der Netzsperren eher schaden als helfen. Das sahen auch erste Online-Aktivisten so. Der Blogger Fefe, der dem Chaos Computer Club nahesteht, kritisierte den Hacker: "Was denkst du dir denn eigentlich, diesen Leuten Munition in die Hand zu geben, um Kritiker der Internetzensur als Kriminelle dastehen zu lassen?"
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