Streit im Berliner Fußball-Verband: Amateure mucken auf

Es brodelt im Fußball-Verband: Kritische Amateurclubs wollen mehr Unterstützung für die Nachwuchsarbeit, mehr Geld und Transparenz.

Torhüterin fhält einen Ball während sie in eine Pfütze springt

Voller Einsatz auch in den unteren Ligen Foto: dpa

BERLIN taz | Es geht um fehlende Unterstützung für den Amateurfußball, extrem ungleiche Verteilung von Geldern, Intransparenz und schleppende Professionalisierung: Beim Verbandstag des Berliner Fußball-Verbandes (BFV) am Samstag könnte es hoch hergehen. Kritische Amateurvereine kämpfen um die Zukunft der kleinen Clubs. „Wir erwarten schon, dass das Präsidium auf unsere Forderungen eingeht“, sagt Gerd Thomas, zweiter Vorsitzender des FC Internationale.

Thomas ist einer der Initiatoren der neuen BFIG (Berliner Fußball-Interessengemeinschaft), einer Interessenvertretung von Berliner Amateurclubs. Eine Gemeinschaft, keine Gewerkschaft, betont er. „Wir wollen Dinge modernisieren, Transparenz. Und dass Vereine sich mehr trauen, Probleme anzusprechen.“ Sein Kollege Bernd Fiedler von Stern 1900 sagt: „Wir haben durchaus etwas erreicht. Auch, wenn wir als Störenfriede bezeichnet werden. Das wird besonders von Verbandstreuen auf dem Verbandstag deutlich werden.“

Es geht – wie so oft – vor allem um Geld. Geld, dass der Profifußball in schwindelerregenden Mengen generiert, während die Basis ums Überleben ringt. Die Verteilungsfrage wird lauter gestellt. „Die Vereine müssen in ihrer ehrenamtlichen Arbeit mehr unterstützt werden, und zwar auch durch finanziellen Anreize“, fordert Bernd Fiedler. „Man kann als Jugendleiter nicht nach einem 10-Stunden-Tag noch 500 Kinder unentgeltlich betreuen.“ Und: „Die Enttäuschung und Wut bei den Ehrenamtlichen ist groß.“ Die BFIG wünscht sich Unterstützung vom BFV, außerdem einen Vereinskümmerer im Hauptamt, der den Amateurclubs etwa bei rechtlichen oder lokalpolitischen Fragen hilft.

Doch es geht auch um Grundsatzfragen: die mangelnde Sportinfrastruktur in Berlin etwa. Die Intransparenz des Verbands, etwa bei einem Anbau für angeblich 900.000 Euro, den er sich an seine eigene Geschäftsstelle setzte, ohne die Bauleitung auszuschreiben. Und die extrem ungleiche Verteilung der Vermarktungserlöse aus dem Profifußball, gegen die momentan das Bündnis „Rettet die Amateurvereine“ protestiert.

DFB not amused

Vor allem letzteren Protest findet man beim Überverband, dem DFB, gar nicht lustig. Das bekamen auch die Berliner zu spüren. Auf dem Verbandstag wollen die Amateure den Druck verstärken. „Mehrere Berliner Vereine haben eine Resolution für den Verbandstag vorbereitet“, so Fiedler. „Wir fordern BFV-Präsident Bernd Schultz auf, das Thema anzugehen und sich nicht beim DFB abspeisen zu lassen.“ Das könnte Streit geben, vermutet Fiedler.

Denn der BFV changiert zwischen Dialog und Aussitzen. Vom altgedienten Schultz erhoffen sich die Amateure nicht viel – dafür vom neuen Geschäftsführer Kevin Langner, der für Professionalisierung wirbt. „Das nehme ich ihm auch ab“, sagt Fiedler. Aber: „Langner wird vom Präsidium ausgebremst.“ Kevin Langner selbst sagt im Gespräch mit der taz, er könne nicht bestätigen, dass er Widerstand erlebe. Auch Druck vom DFB will er keinen bekommen. Aber: „Wenn man Sachen verändern will, kann es passieren, dass man auf Widerstand stößt. Ich habe immer wieder erklärt, warum Veränderung nötig ist. Aber Veränderungen müssen behutsam erfolgen.“

Geschäftsführer Kevin Langner

„Man kann nicht alle Probleme auf den BFV übertragen“

Langner traf sich mehrfach mit BFIG-Vertretern, die Zusammenarbeit nennt er „zielführend und produktiv“. Einige Dinge haben sich seitdem bewegt: Die abnorm hohen Strafen für Amateurclubs von ursprünglich 30 Euro für Fehler im Spielberichtsbogen hat der BFV auf fünf Euro gesenkt. Eine neue Stelle für Vereinsberatung soll 2018 geschaffen werden.

Bei den großen Themen wie Vereinskümmerern und Jugendleitern wird es schwieriger. Langner verweist etwa auf die sechs jungen Menschen, die der BFV seit 2015 jährlich in zwölf Vereine entsende. Das empfindet der Verband offenbar als ausreichende Unterstützung. „Wir können nicht alles finanzieren“, so Langner. „Wir wollen die Vereine nicht allein lassen, aber man kann auch nicht alle Probleme auf den BFV übertragen.“

Das ist zwar im Grundsatz richtig – bei 400 Berliner Vereinen sind sechs Helfer allerdings kaum geeignet, Probleme zu lösen. Da setzt die Kritik etwa von „Rettet die Amateurvereine“ an: Bei gerechterer Verteilung der Vermarktungserlöse hätten auch die Landesverbände mehr Geld zur Verfügung. Der BFV positioniert sich bislang nicht in der Frage. „Schultz spielt das Merkel’sche System, aussitzen, abwarten“, so Fiedler.

Ohne Ausschreibung

So verfuhr der Verband schon beim umstrittenen Anbau: Im Frühjahr 2017, als die taz den BFV mit den Vorwürfen konfrontierte, ließ der Verband mehrere Termine platzen; ein schriftlich zugesicherter Faktencheck wurde nie veröffentlicht. Nun bestätigte Langner der taz: Die Bauleitung war tatsächlich nicht ausgeschrieben. „Die Frage ist, ob man sie hätte ausschreiben müssen.“ Sie ging an Lutz Kiehne, der zufällig im BFV-Beirat sitzt. Man habe seit Jahren einen Bauleiter-Vertrag mit Kiehne, so Langner, deshalb sei das naheliegend gewesen und rechtlich nicht beanstandet worden.

Mangelnde Kommunikation räumt er aber ein: „Dass wir beim letzten Verbandstag noch detaillierter hätten informieren können, ist richtig. Der Bau wurde aber im Beirat immer transparent behandelt. Zudem ist der Vorgang von einem externen Sachverständigen begleitet und von unseren Revisoren geprüft worden. Es gab keine Beanstandungen.“ Juristisch ist der Verband damit abgesichert; die Vorwürfe „Intransparenz“ und „Vetternwirtschaft“ bleiben dennoch im Raum.

Genug Stoff für einen Verbandstag also. Naturgemäß ist der BFV daran interessiert, die BFIG kleinzureden: „Die BFIG ist eine Gemeinschaft aus momentan fünf wahrnehmbaren Vereinen“, so Langner. „Es waren gute Vorschläge dabei, aber sie vertreten nicht die Masse der Vereine. Andere Vereine finden nicht alles richtig, was die BFIG macht.“

Tatsächlich hat die Organisation Probleme, Unterstützer zu finden. „Die Bereitschaft, sich über den Verein hinaus zu engagieren, ist überschaubar“, so Thomas. An den Themen selbst liegt es eher nicht: Über Ehrenamt, Jugendleiter oder Infrastruktur klagen fast alle. Aber viele Vereine sind offenbar zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Einige sind offensiv gegen die BFIG. Und für viele kleine Clubs ist es schlicht bequemer, sich auf Verbandsseite zu halten.

Dennoch haben Thomas und Fiedler lokal schon einiges bewegt. Nun haben sie für den Verbandstag beide ihre Kandidatur fürs Präsidium angekündigt. „Wir wollen, dass es einen wirklichen Aufbruch gibt“, so Thomas. Fiedler: „Sie wussten nicht mehr, was für Sorgen die Basis hat. Das ist angekommen.“

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